Eine Kurze neue Geschichte. War eigentlich als kurzer Neuigkeitenbericht gedacht, hat sich beim Niederschreiben aber ausgewachsen. ;-) Mal sehen, was daraus wird. Es ist eine Mischung aus Reality und Fiction - sucht es auch aus, welcher Teil welcher ist.
Das Ende meiner Tagträume
Seit langem dachte ich – mal mehr, mal weniger intensiv – daran, näheren Kontakt zu unserem Nachbarn zu suchen. Er ist ca 48 Jahre, ein stämmiger, sympathischer Typ aus der Weißrussland. Weil er schon etwa 10 Jahre hier wohnt, spricht er zwar mit Dialekt, aber sonst sehr gut Deutsch. Ich muss sagen, er imponiert mir etwas. Er erzieht seine beiden Kinder (nun 9 und 11 Jahre) seit er in unser Land kam alleine, geht so nebenbei Vollzeit (abends/nachts) arbeiten. Keine Großeltern und auch sonst niemand in der Umgebung, der ihm dabei zur Hand gehen und ihn entlasten könnte. Trotzdem ist er immer nett und freundlich. Er steht zwar unter Druck, das sieht man, aber er steht aufrecht – und fällt nicht. Das alles gelingt ihm mit unglaublicher Disziplin – ab und zu sehe ich ihn, wie er seinen ohnehin schon recht muskulösen Körper im Freien mit Hanteln stählt, wenn er Zeit dafür hat.
Eines Tages laufen wir uns vor den Häusern wieder mal über den Weg. Wir plaudern kurz wie immer, und ich lade ihn spontan zu einem Abendessen „auf gute Nachbarschaft“ zu uns ein. Einfach so, ohne Hintergedanken. Am jenem Freitag, den wir uns ausgemacht haben - seine Kinder sind groß genug um mal Abends alleine zu sein - kommt er dann zu uns rüber. Meine Frau hätte für uns gekocht. Es gibt zwar nichts besonderes, aber das, was allen schmeckt: Nudeln mit einem herrlichen Pesto und dazu guten Rotwein und Wasser. Dabei hat sich meine Frau Mühe gegeben, denn der Tisch ist schön gedeckt – gerade so, dass es angenehm ist, aber doch nicht steif oder gar bieder.
Wir essen, wir plaudern, er erzählt von zuhause und wie das Leben in Weissrussland so ist. Die Zeit vergeht, wahrscheinlich sind schon Stunden vergangen. Die Flasche Wein haben wir gut geleert, sind längst bei der zweiten angekommen, mal sehen ob es damit langt oder es noch mehr wird.
„Was ist eigentlich mit deiner Frau, also, entschuldige, mit der Mutter der Kinder“, frägt meine Frau dann.
„Ach, das. Kompliziert. Ich glaube, sie ist krank. Ich habe nach der Trennung sofort gesagt, ich nehme die Kinder zu mir. Sie war froh darüber, und ich auch. Denn aus den beiden würde sonst nichts werden“, sagt er traurig, und doch stark.
„ja, das gibt es leider manchmal. Bei uns läuft es ja auch nicht immer perfekt, nicht wahr“, versuche ich, allzu negative Stimmung zu vermeiden. Mit untauglichen Mitteln, wie man sieht:
„Ich bitte dich, du hast perfekte hübsche Frau“, protestiert er. Ich schmunzle, weil er „chiiiibsch“ sagt, statt „hübsch“. Naja, Russe eben. Und weiter: „Sie ist gute Mutter. Und du bekommst immer warmes Essen. Und es hat heute ja auch gut geschmeckt, oder?“
„Ja, das stimmt“, gebe ich zu. „Aber was ist mit Dir – gibt es da niemanden?“ versuche ich nachzubohren.
Jetzt hat er verstanden: „Nein, keine Zeit. Aber ich hätte gerne, kannst du glauben. Du hast Glück, mein Junge“, sagt er, obwohl ich doch nur 5, höchstens 8 Jahre jünger bin.
Der gefühlte Unterschied ist aber tatsächlich groß. Er ist ein Kerl, ein Kämpfer, hat Disziplin und Härte. Ich habe zwar auch gut meinen Weg gemacht, mit passabel guter Karriere und gutem Verdienst, bin aber sanfter und wirke neben ihm deutlich „kindlicher“. Und bei ihm ist alles so klar. Schwierige Umstände, ok. Aber immer sehr klar. Kein Wankelmut. Kein Zögern oder Unsicherheit. Sein Urteil über meine Frau zum Beispiel.: Mutter, hübsch, und kocht. Aus. Mehr muss eine Frau aus seiner Sicht nicht tun, um von ihm wie eine Dame behandelt zu werden.
Lärm vom Zimmer drinnen. Die Kinder! Ich springe auf und gehe nachsehen. Als ich die Türe zwischen Flur und Wohnzimmer hinter mir schließe, höre ich die Kleine schon deutlich schreien. Hat bestimmt schlecht geträumt. Ich mache, was getan werden muss, aber es dauert, sie zu beruhigen. Hauptsache, der Große schläft weiter. Irgendwann kann ich sie ins Bett zurück legen. Aber sie braucht meine Nähe, will nicht einschlafen ohne meine Hand zu halten. Also gut. Minutenlang sitze ich im dunklen Zimmer. Nur das leise Atmen der Kinder ist zu hören, ansonsten vollständige Stille. Auf der Straße fährt ab und zu ein Auto vorbei. Eigentlich ist es schön, einfach nur in die Dunkle Nacht zu schauen, und zu sehen, wie die Straßenlaternen Kontraste zwischen hell und dunkel schaffen. Man kommt gut zur Ruhe. Der nahe Wald ist pechschwarz.... Keine Ahnung, wie lange ihr hier sitze...
Das Ende meiner Tagträume
Seit langem dachte ich – mal mehr, mal weniger intensiv – daran, näheren Kontakt zu unserem Nachbarn zu suchen. Er ist ca 48 Jahre, ein stämmiger, sympathischer Typ aus der Weißrussland. Weil er schon etwa 10 Jahre hier wohnt, spricht er zwar mit Dialekt, aber sonst sehr gut Deutsch. Ich muss sagen, er imponiert mir etwas. Er erzieht seine beiden Kinder (nun 9 und 11 Jahre) seit er in unser Land kam alleine, geht so nebenbei Vollzeit (abends/nachts) arbeiten. Keine Großeltern und auch sonst niemand in der Umgebung, der ihm dabei zur Hand gehen und ihn entlasten könnte. Trotzdem ist er immer nett und freundlich. Er steht zwar unter Druck, das sieht man, aber er steht aufrecht – und fällt nicht. Das alles gelingt ihm mit unglaublicher Disziplin – ab und zu sehe ich ihn, wie er seinen ohnehin schon recht muskulösen Körper im Freien mit Hanteln stählt, wenn er Zeit dafür hat.
Eines Tages laufen wir uns vor den Häusern wieder mal über den Weg. Wir plaudern kurz wie immer, und ich lade ihn spontan zu einem Abendessen „auf gute Nachbarschaft“ zu uns ein. Einfach so, ohne Hintergedanken. Am jenem Freitag, den wir uns ausgemacht haben - seine Kinder sind groß genug um mal Abends alleine zu sein - kommt er dann zu uns rüber. Meine Frau hätte für uns gekocht. Es gibt zwar nichts besonderes, aber das, was allen schmeckt: Nudeln mit einem herrlichen Pesto und dazu guten Rotwein und Wasser. Dabei hat sich meine Frau Mühe gegeben, denn der Tisch ist schön gedeckt – gerade so, dass es angenehm ist, aber doch nicht steif oder gar bieder.
Wir essen, wir plaudern, er erzählt von zuhause und wie das Leben in Weissrussland so ist. Die Zeit vergeht, wahrscheinlich sind schon Stunden vergangen. Die Flasche Wein haben wir gut geleert, sind längst bei der zweiten angekommen, mal sehen ob es damit langt oder es noch mehr wird.
„Was ist eigentlich mit deiner Frau, also, entschuldige, mit der Mutter der Kinder“, frägt meine Frau dann.
„Ach, das. Kompliziert. Ich glaube, sie ist krank. Ich habe nach der Trennung sofort gesagt, ich nehme die Kinder zu mir. Sie war froh darüber, und ich auch. Denn aus den beiden würde sonst nichts werden“, sagt er traurig, und doch stark.
„ja, das gibt es leider manchmal. Bei uns läuft es ja auch nicht immer perfekt, nicht wahr“, versuche ich, allzu negative Stimmung zu vermeiden. Mit untauglichen Mitteln, wie man sieht:
„Ich bitte dich, du hast perfekte hübsche Frau“, protestiert er. Ich schmunzle, weil er „chiiiibsch“ sagt, statt „hübsch“. Naja, Russe eben. Und weiter: „Sie ist gute Mutter. Und du bekommst immer warmes Essen. Und es hat heute ja auch gut geschmeckt, oder?“
„Ja, das stimmt“, gebe ich zu. „Aber was ist mit Dir – gibt es da niemanden?“ versuche ich nachzubohren.
Jetzt hat er verstanden: „Nein, keine Zeit. Aber ich hätte gerne, kannst du glauben. Du hast Glück, mein Junge“, sagt er, obwohl ich doch nur 5, höchstens 8 Jahre jünger bin.
Der gefühlte Unterschied ist aber tatsächlich groß. Er ist ein Kerl, ein Kämpfer, hat Disziplin und Härte. Ich habe zwar auch gut meinen Weg gemacht, mit passabel guter Karriere und gutem Verdienst, bin aber sanfter und wirke neben ihm deutlich „kindlicher“. Und bei ihm ist alles so klar. Schwierige Umstände, ok. Aber immer sehr klar. Kein Wankelmut. Kein Zögern oder Unsicherheit. Sein Urteil über meine Frau zum Beispiel.: Mutter, hübsch, und kocht. Aus. Mehr muss eine Frau aus seiner Sicht nicht tun, um von ihm wie eine Dame behandelt zu werden.
Lärm vom Zimmer drinnen. Die Kinder! Ich springe auf und gehe nachsehen. Als ich die Türe zwischen Flur und Wohnzimmer hinter mir schließe, höre ich die Kleine schon deutlich schreien. Hat bestimmt schlecht geträumt. Ich mache, was getan werden muss, aber es dauert, sie zu beruhigen. Hauptsache, der Große schläft weiter. Irgendwann kann ich sie ins Bett zurück legen. Aber sie braucht meine Nähe, will nicht einschlafen ohne meine Hand zu halten. Also gut. Minutenlang sitze ich im dunklen Zimmer. Nur das leise Atmen der Kinder ist zu hören, ansonsten vollständige Stille. Auf der Straße fährt ab und zu ein Auto vorbei. Eigentlich ist es schön, einfach nur in die Dunkle Nacht zu schauen, und zu sehen, wie die Straßenlaternen Kontraste zwischen hell und dunkel schaffen. Man kommt gut zur Ruhe. Der nahe Wald ist pechschwarz.... Keine Ahnung, wie lange ihr hier sitze...