Die traditionelle Bezeichnung für den Gatten einer promisken Frau lautet „Hahnrei“. Oftmals wissen Nachbarn, Kollegen, Bekannte und Nachbarn längst, dass dem ahnungslosen Ehemann „Hörner aufgesetzt werden“ und heimlich macht man sich über den „Gehörnten“ lustig. Schadensfroh zeigt man hinter seinem Rücken die „gehörnte Hand“, die ebenso wie die Redewendung sowohl die Gutmütigkeit als auch die Dummheit eines Ochsen symbolisiert.
Für einen Mann, der Kenntnis vom Häufig Wechselnden Geschlechtsverkehr (HWG) seiner Frau hat, wird im neueren deutschen Sprachgebrauch das englische Lehnwort „Cuckold“ verwendet. Ein Cuckold erlangt durch das Fremdgehen seiner Partnerin sexuellen Lustgewinn. Seiner Neigung kann sowohl der Wunsch nach Demütigung als auch der nach Kontrolle zugrunde liegen. Es zeigt sich also auf Seiten eines Cuckolds entweder dominierendes oder auch devotes Verhalten.
Dass derselbe Begriff für Ehemänner mit total gegensätzlichen Motivationen verwendet wird, führt immer wieder zu Missverständnissen. Die Lösung wäre ein spezielles Wort für den Mann, der die Ehebrüche seiner Frau wünscht oder sie sogar fördert und dem es dabei ganz bestimmt nicht um seine eigene Demütigung geht. Geeignet dafür wäre der Begriff "Wittol", einer Ableitung des mittelenglischen Begriffs „willing“ (willentlich). Leider ist dieses Wort heutzutage jedoch weithin unbekannt. Trotzdem möchte ich es hier verwenden.
Für einen „Wittol“ gilt selbstverständlich das sechste Gebot: „Du sollst nicht ehebrechen!“ Doch das Buch der Bücher ist geschrieben von Männern für Männer und gilt somit nicht für die werte Frau Gemahlin! Gut, es kommt häufig vor, dass sich der Mann nicht wohlfühlt, wenn seine Frau fremdgeht. Mancher sieht darin ein Motiv für einen Ehrenmord oder wenigstens einen Scheidungsgrund. Einen wahren „Wittol“ aber erfüllt es mit Genugtuung, wenn die eigene Frau Sex mit anderen Männern hat, während seinerseits längst kein Interesse mehr an fremden Frauen besteht. Würde er es seiner Frau gleich tun, wäre er nur ein ganz normaler Swinger, aber eben kein „Wittol“. Und würde er sich selbst aktiv am Geschehen beteiligen, ergäbe das bloß einen sogenannten Wifesharer, aber wieder keinen „Wittol“. Daraus folgt, dass ein „Wittol“ keinen Sex mit seiner Frau hat, zumindest dann nicht, wenn ein Liebhaber zugegen ist.
Eine „Wittolbeziehung“ basiert auf dem herkömmlichen Ehemodell und ist zunächst einmal ein männliches Konzept. Die Umkehrung männlich geprägter gesellschaftlicher Normen verleiht dem „Wittol“ einen Kick und bestätigt letztlich wieder seine Besitzansprüche. Schließlich verzichtet er ja "selbstlos" auf Rechte und Ansprüche an seinem „Eigentum“, nämlich seinen Exklusivanspruch auf den Körper seiner Frau, der stattdessen grundsätzlich jedem Anderen offen steht!
Damit ein „Wittol“ seine Neigungen auskosten kann, muss er von den außerpartnerschaftlichen sexuellen Erlebnissen seiner Frau natürlich stets in irgendeiner Form Kenntnis haben. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn er die Begegnung selbst initiiert, es kann aber auch durch Zusehen, Zuhören oder auf eine andere Art der Informationsweitergabe erfolgen - davor, danach oder während des Aktes - alles reine Geschmacksache. Das Gefühl, dass er dabei empfindet, ist mit der Eifersucht anderer Männer nicht zu vergleichen. Hingegen ist er frustriert, werden die Reize seines Weibes nicht angemessen gewürdigt!
Meist ist der „Wittol“ ein Voyeur und seine Frau die willige Darstellerin auf dem Drehteller seiner ausgefallenen Fantasien. Weil er nicht (mehr) kann oder will, lebt er eben nach dem Motto: "Selbst zu ficken ist nie so geil, wie es bei Anderen aussieht!" Vielleicht wird ein Mann zum „Wittol“, weil ihn selbst der klassische penetrative Sex nicht mehr ausreichend reizt und es lieber sieht, wenn sein ansonsten doch so stolzes Weib in würdelosen Stellungen fremden Trieben ausgeliefert ist?
Gewissermaßen ist der "Wittol" stellvertretend für seine Frau exhibitionistisch, nur zu gern kompromittiert er sie und ihr Wert ist für ihn umso größer, je mehr männliches Interesse sie erregen kann. Letztendlich verfolgt er damit sein eigentliches Ziel, denn vor allem geht es dem „Wittol“ darum, dass die Leibesmitte eines anderen Mannes mit den Körperöffnungen seiner Frau in Kontakt tritt. Sexuell motivierte Handlungen, bei denen dies nicht der Fall ist, mögen ja auch ganz nett anzusehen sein, erzeugen aber eben nicht das vollkommene "Wittolgefühl". Für den „Wittol“ ist es ein Vergnügen ganz besonderer Art, wird er durch einen fremden Phallus deklassiert, welcher, deutlich härter als der seine, tief in die Weiblichkeit eintaucht, die einst ihm selbst vorbehalten war. Vielleicht wird seine schmähliche, aber auch lustvolle Unterlegenheit sogar noch deutlicher, wenn selbst ein ihm im normalen Leben eher Unterlegener bei seiner Frau mehr orgiastischen Enthusiasmus auslösen kann, als es ihm selbst jemals möglich war. Wie auch immer: je bizarrer und sensationeller eine Vereinigung, desto intensiver sein wohliges Kribbeln. Letztendlich sind die Fremden doch nur Werkzeuge, geschaffen, seine eigenen „perversen“ Fantasien in die Tat umzusetzen!
Möglicherweise besteht ein weiteres "Wittolmotiv" darin, dass er bei Allem der heilige, treue und brave Ehemann bleibt, der sich als Wohltäter seiner mannstollen Gattin sieht und ihr diese Rolle mehr oder weniger offen als Spiegel vorhält, um aus ihrer Scham und ihren Skrupeln Kapital schlagen zu können. Er ist in seinen Augen - und denen der Gesellschaft - im Grunde der Gute, der Erlaubende, der Leidende, das Opfer, der Treue, der Arme, der Bestohlene und Betrogene. Oft sieht dies sein soziales Umfeld ähnlich, und beweist ihm voller Mitgefühl die Solidarität der Anständigen. Kalkül oder Zufall?