Titel: Jennas Weg, Teil 21 Beitrag von: Mandith am Juni 01, 2012, 12:35:53 pm Das Schlafzimmer war leer. Wo konnte sie sein? Hektisch tippelte Anna zurück, rüber zum Ankleidezimmer. Auch leer. Ins Bad. Wieder nichts. Anna geriet in Panik.
„Sie ist nicht da, sie ist nicht da“, rief sie immer wieder, „Mistress Jenna! Mistress Jenna! Wo sind Sie?“. „Nun bleib mal ruhig, Kleines“, versuchte Ashley Anna zu beruhigen, „bestimmt ist sie doch schon wieder nach unten gegangen, und Du hast es nicht bemerkt. Vielleicht ist sie im Keller“. „Nein“, beharrte Anna, „auf keinen Fall. Das hätte ich gesehen. Ich habe genau aufgepasst. Sie muss hier irgendwo sein“. „Überleg mal ganz ruhig“, sagte Ashley, „gibt es hier noch mehr Räume? Das Haus ist ja ziemlich groß“. Anna versuchte sich zu konzentrieren. Krampfhaft überlegte sie, wo ihre geliebte Herrin stecken konnte. „Mehr Räume?“, fragte sie, „nein, außer…außer meinen“. „Deine?“. „Ja, meine Kammer und mein Bad“, sagte Anna, „aber was sollte Mistress Jenna dort wollen?“. „Wo ist das?“, fragte Ashley, die sich jetzt auch langsam Sorgen machte. Allerdings mehr um Anna als um Jenna. Die Kleine war ja völlig aufgelöst. „Gleich vorne an der Treppe“, sagte Anna, den Tränen nahe. „Also los“, meinte Ashley, „sehen wir mal nach“. So schnell es ging durchquerten die beiden das große Wohnzimmer, raus ins Treppenhaus. Anna drückte auf die Klinke zu ihrer Kammer. „Halten Sie die Tür fest“, sagte sie zu Ashley, „wenn sie ins Schloss fällt, kommen wir nicht wieder raus“. „Wieso?“, fragte Ashley, „die Tür ist doch offen“. „Sie lässt sich nur von außen öffnen“, warnte Anna Ashley, „also, halten Sie sie fest“. „Oh“, staunte Ashley, „jetzt verstehe ich. Okay, ich halte sie auf. Donnerschlag, das ist Deine Kammer? Sieht aus wie eine Zelle im Kloster. Und das vergitterte Fenster. Oh Gott, mir wird ganz anders“. „Keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen“, sagte Anna verzweifelt, „hier ist sie auch nicht. Bleibt nur noch das Bad“. Joe staunte nicht schlecht, als Belle ihn in den Keller führte. So etwas hatte er noch nicht gesehen, nicht einmal in der Villa seiner Mutter. Da waren die Räume kleiner. Hier gab es alles, was in der Villa auf mehrere Bereiche aufgeteilt war, in einem einzigen großen Raum. Leider waren Belle und er nicht alleine. Lyndon und Beatrice hatten die Gelegenheit genutzt, und probierten nach Herzenslust die verschiedenen Fixierungsmöglichkeiten aus. „Schon besetzt“, sagte er und zuckte enttäuscht mit den Schultern. „Ach was“, säuselte Belle, „davon werden wir uns doch nicht aufhalten lassen. Siehst Du den Vorhang? Dahinter geht’s noch weiter. Ist zwar kein Spiegel an der Decke, aber sonst auch sehr schön. Da sind wir ganz ungestört. Komm, ich bin schon ganz hibbelig“. Willig ließ sich Joe von der agilen Schönheit hinter den Vorhang entführen. Der war so dick, dass man kaum noch etwas von den anderen beiden hören konnte. Und schon gar nichts von dem, was oben geschah. Und so bekamen Belle und er auch nicht mit, dass im Foyer soeben Unruhe ausbrach. Ashley hatte die Sandaletten ausgezogen und in den Flur geworfen. Auf nackten Füßen rannte sie die Treppe hinab. „Ein Handy“, rief sie so laut sie konnte. „Wer hat ein Handy? Wir brauchen einen Rettungswagen. Wo, zum Teufel ist denn hier ein Telefon?“. Die meisten der Feiernden bekamen Ashleys Rufen in dem allgemeinen Trubel und bei der lautstarken Musik zunächst gar nicht mit. Nur Jessica, die direkt an der Treppe stand, reagierte. „Was ist denn los?“, fragte sie durch den Lärm hindurch. „Haben Sie ein Handy?“, rief Ashton, „wir brauchen den Notarzt und einen Rettungswagen. Miss Divine ist zusammengebrochen“. „Wer…?“. „Miss Carson…Miss Jenna“, verbesserte sich Ashley, „sie ist ohnmächtig, bewusstlos, was weiß ich. Haben Sie ein Handy, oder nicht?“. „Miss Carson? Ja, natürlich habe ich ein Handy“, sagte Jessica geschockt. „Worauf warten sie noch?“, schrie Ashley sie an, „rufen Sie den Notarzt. Nun machen Sie schon“. Jessica löste sich aus der Schockstarre und suchte in ihrer Handtasche nach dem Handy, während Ashley wieder nach oben rannte. Mira hatte bemerkt, dass an der Treppe etwas Außergewöhnliches vorging und ging zu Jessica hinüber, die immer noch hektisch in ihrer Tasche kramte. „Ist etwas passiert?“, fragte sie. „Miss Carson ist zusammengeklappt“, sagte Jessica, „ah, da ist es“. Endlich hatte sie ihr Handy gefunden. Mira war schon weg, die Treppe hinauf. „Was ist denn nun los?“, fragte Lucy, die schon recht ein paar Champagner intus hatte. „Ich weiß auch nicht“, meinte Tanya, „sieht so aus, als ob es oben irgendein Problem gibt. Ich sehe mal nach“. Anna saß vornübergebeugt auf den Knien über ihrer reglos auf dem Boden liegenden Herrin und weinte bitterlich. „Mistress Jenna, bitte, wachen Sie doch auf, bitte“. Ashley hockte sich daneben und prüfte Jennas Puls. „Ganz ruhig, Anna“, sagte sie, „sie ist nicht tot. Sie ist nur ohnmächtig. Gleich kommt der Rettungswagen. Was bist Du doch für ein außergewöhnlicher Mensch. Du hast es gewusst, nicht wahr? Du hast es gespürt. Wie tief muss Deine Liebe sein? Du bist ein großartiges Mädchen“. Ashley wusste genau, was Anna für die göttliche Miss Divine empfand. Hatte sie doch selbst einmal gehofft, deren Gunst gewinnen zu können. Sie beneidete die beiden jungen Menschen um ihr Glück und hoffte inständig, dass dieses durch Jennas Zusammenbruch nicht gefährdet war. Aus weiter Ferne, durch einen dichten Schleier hindurch, hörte Jenna die Stimmen über ihr. Sie versuchte, sie zu verstehen, doch die wenigen Fetzen, die zu ihr durchdrangen, wollten sich nicht zusammenfügen. Jenna wollte rufen, etwas sagen, sich bemerkbar machen, doch es gelang ihr nicht, Worte zu formen. Ganz langsam tauchte sie auf aus dem Strudel, der sie hinab in die Schwärze gerissen hatte. Jemand machte sich an ihr zu schaffen. Sie spürte, wie man sie umdrehte, sie anhob, dass man ihr etwas in die Nase schob. Sie musste husten. Ein Stich, ganz leicht, an ihrem Arm. Fremde Gesichter, ein Schlauch, ein Flasche mit klarer Flüssigkeit erschienen verschwommen vor ihren Augen. Die Welt um sie herum rauschte an ihr vorbei wie beim Blick aus dem Fenster eines fahrenden Eisenbahnzuges. Jenna hörte ihren Namen aus dem Munde eines weinenden Kindes. Dann sah sie das Gesicht zwischen den anderen, den fremden. Anna! „Anna!“ „Mistress Jenna!“ „Anna…die Schlüssel…“. „Mistress Jenna?!?“. „…Schub…Schublade…“. „Ja?“. „…Schlafzimmer…“. „Mistress Jenna!“ Dann war das vertraute Gesicht verschwunden. Eine Tür klappte. Ein Rucken…eine Sirene ertönte. „Beruhigen Sie sich, Miss Carson“, hörte Jenna eine freundliche Stimme sagen, „wir fahren Sie ins Krankenhaus. Keine Angst, das wird wieder. Bleiben Sie nur ganz ruhig liegen. Keine heftigen Bewegungen, dann wird alles gut. Es ist gar nichts passiert, hören Sie? Gar nichts passiert“. Gar nichts passiert, dachte Jenna, bevor die Wirkung der Infusion einsetzte, gar nichts passiert. Ganz ruhig schloss sie die Augen. Ratlos standen die Gäste im Foyer. Mit einem Schlag war die ausgelassene Stimmung in den Keller gerutscht, als der Rettungswagen aufgetaucht war und Jessica die Sanitäter nach oben geschickt hatte. Augenblicklich hatte Doc Brown das Singen eingestellt, und eine betretene Stille hatte sich breit gemacht. Besorgt hatten die Gäste den Abtransport der Patientin angesehen. Mira und Tanya hatten sich Lucy geschnappt, sie in Miras Wagen verfrachtet und waren dem Rettungswagen gefolgt. Jessica ergriff das Wort. „Meine Damen und Herren“, sagte sie, „leider hat das Fest einen unerwarteten Dämpfer erlitten. Ich bitte Sie um Ihr Verständnis, dass wir die Musik abstellen und keinen Alkohol mehr ausschenken. Wir warten auf hoffentlich gute Nachrichten aus dem Krankenhaus. Sie können mit uns warten oder nach Hause gehen. Ganz wie Sie wollen. Ich danke Ihnen“. Sie gesellte sich zu Ashton, die mit Lady Denise und Miss Deva in der freigewordenen Sitzecke Platz genommen hatte. Nur Belles Kollegin Janet hatte da noch gesessen. Langsam lichtete sich die Menge. Betroffen machten sich die ersten auf den Heimweg. Der Rest der Truppe griff sich Sitzelemente aus einer weiteren Sitzecke und schoben sie mit der besetzten zusammen. Doc Brown baute seine Anlage ab, nicht ohne sich noch schnell ein letztes Bier zu sichern. Jessica orderte Kaffee für die aufgeregt diskutierende Runde, die nun aus Ashley, Lady Denise, Miss Deva, dem Ehepaar Jeffries, Janet und ihr selbst bestand. Draußen vor der Tür berieten sich Lyndon und Beatrice mit Ivy und ihrem Toyboy, ob sie nun bleiben oder gehen sollten. Anna saß auf dem Bett im Schlafzimmer und weinte hemmungslos. Sie hatte nicht mitfahren dürfen. Nur Familienangehörige, hatten die Sanitäter gesagt, dürften im Rettungswagen mitfahren. Und ehe Anna hatte reagieren können, waren Mira, Lucy und Tanya auch schon weg gewesen. Wie hätte das auch gehen sollen? Mit gefesselten Füßen ins Krankenhaus? Die drei anderen Frauen würden wahrscheinlich schon genug Aufsehen erregen. Ihre Herrin hatte nach ihr gerufen, als sie aus der Ohnmacht erwacht war. Nach ihr, der Sklavin. Ihr Name war das erste, was Mistress Jenna gesagt hatte. Nur eine einzige Sorge hatte die Herrin gehabt und das Versteck der Schlüssel preisgegeben. Die hatte Anna auch gleich gefunden und sich von der Fußfessel befreit. Aber das machte es auch nicht besser. Zu groß war die Angst um ihre geliebte Besitzerin, und sie konnte nichts tun als warten. Und da man das am besten in Gesellschaft tat, raffte sich Anna auf und ging hinunter. Von all dem bekam Joe nichts mit. Er genoss die Aktivitäten seiner aufregenden Überraschungspartnerin, die ihm, kaum hinter dem Vorhang angekommen, an die Wäsche gegangen war und ihn nach allen Regeln der Kunst von seiner Bekleidung befreit hatte. Danach hatte Belle ihm die Hände zusammengebunden und sie an den Flaschenzug geklemmt. Und nun stand er da, mit den Händen über dem Kopf, den Liebkosungen und kleinen Foltereien der rattenscharfen Schönheit hilflos ausgeliefert. Scharf kratzten ihre langen roten Fingernägel seine Wirbelsäule hinauf und wieder herunter. „Du bist ein hübscher Junge“, sagte Belle und klatschte Joe die flache Hand auf den nackten Po, „einen richtigen Knackarsch hast Du. Aahh, das macht mich an. Ich glaube, ich sollte mich auch mal etwas frei machen“. Sie stellte sich vor ihn, zog den langen Reißverschluss ihres einteiligen Lederkleides auf und ließ es aufreizend langsam an sich hinabgleiten. Wunderschöne, nicht zu große Brüste kamen zum Vorschein. Mit gekonntem Schritt stieg sie aus dem Kleid, zog ihren Slip aus und stülpte ihn über Joes Kopf, bis er wie ein Halsband an ihm hing. Neckisch zupfte Belle daran und zog Joe zu sich heran. „So, mein Kleiner Sklave“, hauchte sie ihm ins Ohr, während sie sein höchst erigiertes Teil in die Hand nahm, „und nun wollen wie mal sehen, was Du für mich tun kannst“. Mit der Gewandtheit einer Katze kletterte Belle an Joe empor und schlang ihre Beine um seine Lenden. Die Last des enttäuschenden Tages fiel von ihm ab und wich einer anderen, ungleich befriedigenderen Last, als sich Belles Unterleib warm und behutsam auf ihn senkte, und ihre feuchten Küsse seinen Hals und sein Gesicht bedeckten. Unruhig tippte Lucy mit den Füßen auf dem gekachelten Fußboden herum. Sie war plötzlich wieder stocknüchtern. Dort drinnen, hinter der weiß gestrichenen Tür, fummelte man gerade an ihrem Kind herum, und keiner hatte ihr sagen können, was Jenna fehlte. „Etwas Geduld müssen Sie schon haben“, hatte der Notarzt gesagt, „sie ist ansprechbar und wird jetzt untersucht. Danach können wir mehr sagen“. So ein junger Typ war das gewesen. Wahrscheinlich gerade erst von der Uni gekommen. Keine Ahnung von Tuten und Blasen und fingerte schon an ihrer Tochter rum. Das konnte doch nicht wahr sein. Gab´s denn hier keinen vernünftigen, erfahrenen Arzt? So, wie man sich einen Arzt vorstellte? Groß, sechzig Jahre, grauer Bart, kluge Augen, die Ruhe selbst? Naja, die Ruhe selbst war der Typ ja. Viel zu ruhig. Hatte nur leicht nickend zugehört, als Lucy einen Schwall Fragen über ihn ausgegossen hatte. Und dann hatte er nur diese paar Worte gesagt und war hinter der weißen Tür verschwunden. Eine ganze Stunde war das jetzt schon her. Oh Mann, diese elende Warterei konnte einem aber gehörig auf den Keks gehen. „Jetzt halte doch mal die Füße still“, schimpfte Mira, „Du machst einen ja ganz verrückt mit dem Getrappel. Die Leute gucken schon“. „Na und?“, giftete Lucy zurück, „was gehen mich die Leute an? Da drinnen liegt meine Tochter und ringt mit dem Tod“. „Mach Dich nicht lächerlich“, sagte Mira, „niemand ringt hier mit dem Tod, und Jenna schon gar nicht. Wahrscheinlich hat sie sich einfach nur ein bisschen übernommen und einen Schwächeanfall erlitten“. „Dein Wort in Gottes Gehörgang“, sagte Lucy zweifelnd, „wenn das so wäre, hätte man uns bestimmt schon Bescheid gegeben“. „Nana“, meldete sich Tanya zu Wort, „eine Stunde ist ja nun wirklich noch nicht viel. Wenn´s fünf werden, dann kannst Du langsam mal anfangen, nervös zu werden“. „Mach keinen Quatsch“, regte sich Lucy auf“, „das wäre ja wohl…“. Abrupt hielt sie inne. Die Tür ging auf. Heraus kamen eine Schwester und zwei Männer in grünen Kitteln. Lucy sprang auf. Jetzt würde sie erfahren, was los war. „Herr Doktor“, rief sie den drei Leuten hinterher, die sich, ohne sich um sie zu scheren, entfernen wollten, „was ist mit meiner Tochter?“ „Der Doktor ist noch da drinnen“, sagte einer der Grünkittel, „der kommt gleich“. Die drei gingen kichernd weiter. Lucy konnte sich kaum noch halten vor Entrüstung. Sie wollte gerade eine Flut von Beschimpfungen hinterher schleudern, doch Mira packte sie an den Schultern und drückte sie zurück in ihren Sitz. „Schluss jetzt, und ruhig geblieben“, sagte sie, „Du hast es doch gehört. Der Doktor kommt gleich“. „Es tut mir Leid, Ihnen das sagen zu müssen“, sagte der junge Dr. Winter, „Sie haben leider ihr Baby verloren. Aber es ist nichts weiter passiert. Sie können jederzeit wieder eins bekommen“. Jenna fing an zu weinen. Ihr Baby verloren? Sie war also doch schwanger gewesen. „Weinen Sie ruhig“, sagte Dr. Winter, „das ist sicher ein schwerer Schlag für Sie. Aber sie brauchen die Hoffnung nicht aufzugeben. Wie gesagt, es ist alles in Ordnung. Sie können es wieder versuchen, und wenn es dann soweit ist, kommen Sie rechtzeitig her, dann können wir Sie medizinisch betreuen. Jetzt behalten wir Sie erst einmal zwei Tage hier, und dann können Sie auch schon wieder nach Hause. Ich stelle Ihnen noch einen Plan für die Nachuntersuchungen auf, und dann ist das bald ausgestanden“. Jenna antwortete nicht. Still weinte sie vor sich hin. Sie hatte ihr Baby verloren. Eine Fehlgeburt. Eine Horrordiagnose für jede werdende Mutter, die sich nichts sehnlicher wünscht als ein Kind. Jenna weinte die süßen Tränen der Freude. Wie kann man nur so unverschämtes Glück haben, dachte sie. Eine Abtreibung würde ihr jetzt erspart bleiben. Sie fragte sich, wann ihr Glück wohl aufgebraucht sein würde. Bis jetzt hatte es ihr immer zuverlässig zur Seite gestanden. Und auch in dieser höchst unangenehmen Angelegenheit war es wieder präsent gewesen, wenn auch mit schmerzhaften Begleiterscheinungen. So etwas durfte nicht noch einmal passieren. Ein Kind passte absolut nicht in Jennas Lebensplanung. Wie hätte sie dafür Verantwortung übernehmen können, bei dem Ziel, das sie sich gesteckt hatte? Gar nicht. Eine gute Mutter hatte für ihr Kind da zu sein, es zu erziehen, es liebevoll zu begleiten auf dem Weg zum Heranwachsen. Unter anderen Umständen wäre Jenna wohl gerne Mutter geworden, und es machte sie sogar ein bisschen traurig, dass ihr dieses Glück versagt bleiben musste. Immerhin war es noch einmal gut gegangen. Lieber so als anders. Eine Abtreibung hätte ihr da sicher mehr Probleme bereitet. So etwas verbot ihr schon die Erziehung, die sie bei Helen genossen hatte. Das hätte ein kapitales Problem darstellen können. Was würde Anna dazu sagen, wenn sie es erführe? Durfte sie die Wahrheit erfahren? Wäre sie gerne Vater geworden? Ein Vater, der in Frauenkleidern rumlief und als Sklavin lebte? Diese Fragen quälten Jenna mehr als deren Entstehungsgrund. Sie würde in Zukunft besser aufpassen müssen. Sie hatte erkannt, dass es Dinge gab, die man seinem Gewissen besser nicht zu oft aufbürdete. „Eine Fehlgeburt? Jenna war schwanger?“, Lucy traute ihren Ohren nicht, „was für ein Drama. Wie konnte denn das passieren?“. „Na, wie schon“, sagte Mira, „stell Dich nicht dümmer als Du bist. Du solltest doch wohl wissen, wie so was geht“. „Ja, aber wer…?“. „Anna natürlich“, sagte Mira, „wer denn sonst? Schließlich ist sie ja nicht wirklich ein Mädchen“. „Oh Gott“, entfuhr es Lucy, „was wird die dazu sagen?“. „Untersteh Dich, es ihr zu erzählen“, warnte sie Mira, „das ist ganz allein Jennas Sache. So, und jetzt rufen wir erst mal Miss Jetson an, damit die Leute sich nicht weiter Sorgen machen“. Im Haus am grauen Wald wartete man ungeduldig auf Nachrichten aus dem Krankenhaus, und als Jessicas Handy klingelte, verstummte die Runde augenblicklich, und alle schauten in banger Erwartung auf die Cateringchefin. Jessica wandte sich direkt an Anna, nachdem sie aufgelegt hatte. Sie hatte längst gemerkt, wie sehr die Kleine litt. „Keine Sorge, mein Kind“, sagte sie, „Deiner Herrin geht es schon wieder besser. Am Dienstag wird sie wieder zuhause sein“. Anna fiel ein Stein vom Herzen. Sie hatte wirklich Angst gehabt. Mistress Jenna hatte in letzter Zeit mehrfach über Unwohlsein geklagt, und Anna hatte sich schon gefragt, ob ihre Herrin ernsthaft erkrankt sei. „Was war es denn?“, wollte Ashley wissen. „Anscheinend nur eine Unpässlichkeit, ausgelöst durch den vielen Stress, den die Ärmste in den letzten Wochen hatte“, sagte Jessica, „jedenfalls hat ihre Mutter mir das so gesagt. Wir müssen uns also keine Sorgen mehr machen“. „Na, da bin ich aber beruhigt“, sagte Kurt Jeffries, „komm, Alice, wir fahren“. Auch die anderen machten sich nun auf. Hier war alles geklärt, und man konnte beruhigt den Heimweg antreten. Nur Jessica und Janet blieben noch. Jessica musste den Abbau der Party-Ausstattung organisieren, und Janet wartete auf ihre Kollegin, mit deren Wagen die beiden Models gekommen waren. Langsam wurde sie ungeduldig. Wenn Belle erst einmal in Fahrt kam, war sie nicht mehr zu bremsen, und dieser junge Mann war ja auch wirklich ein Schnuckelchen. Am besten sollte sie mal zu den beiden Täubchen hinuntergehen. Wer weiß, vielleicht fiel sogar noch etwas für sie selbst ab. Sie und Belle hatten schon so manchen Dreier durchgezogen. „Wegen der Rechnung“, sagte Jessica zu Anna, „sag doch bitte Deiner Herrin, dass sie sich nicht bemühen muss. Sie hat ja schon Stress genug. Ich melde mich im Laufe der nächsten Woche persönlich und komme dann direkt vorbei, dann können wir das in Ruhe regeln“. „Sie können ja einfach die Rechnung schicken“, sagte Anna, und das wäre eigentlich auch der gewöhnliche Weg gewesen. Doch Jessica hatte andere Pläne. „Nein, nein“, sagte sie, „es gibt noch ein paar Kleinigkeiten zu besprechen. Das lässt sich besser bei einem Vier-Augen-Gespräch klären“. „Wie Sie wünschen“, meinte Anna verwundert, „ich werde es ausrichten“. Joe war im siebten Himmel. Seine Spielgefährtin hatte es wirklich in sich. Geschickt hatte sie ihn immer wieder bis kurz vor den Höhepunkt gebracht, um dann plötzlich innezuhalten und die Sache hinauszuzögern. Sie war inzwischen wieder von ihm hinabgestiegen, hatte ihm die Augen verbunden und machte sich nun genüsslich mit ihren sinnlichen Lippen an ihm zu schaffen, als plötzlich Janet durch den Vorhang lugte. Mit einem Wink bedeutete ihr Belle, näherzukommen und mitzumachen. Janet ließ sich das nicht zweimal sagen. Die Szene ließ sie augenblicklich heiß werden, und sie entledigte sich rasch ihrer Kleider und schlich sich leise hinter den ahnungslosen jungen Mann. „Was…?“, stieß er verwundert aus, als er plötzlich ihre Zähne in seinem Nacken spürte. Zwei weitere Hände bahnten sich ihren Weg über seinen vor Lust bebenden Körper. „Wir haben Gesellschaft bekommen“, sagte Belle, „genieße es“. „Oh ja“, hauchte ihm Janet ins Ohr, während sie ihre festen Brüste an seinem Rücken rieb, „lass Dich fallen. Das Leben ist zu kurz, um etwas zu verpassen“. Janets Flüstern verfehlte seine Wirkung nicht. Elektrisierend krochen ihre gehauchten Worte in Joes Bewusstsein, wanderten die Wirbelsäule hinab und nisteten sich in seinen Lenden ein, während Belle erneut an ihm hochkroch, um zum finalen Ritt anzusetzen. Es gab kein Halten mehr, als er plötzlich auch noch Janets Finger in sich spürte. Kein weiteres Verzögern hätte den wild summenden Schwarm stoppen können, der sich in seinen Lenden angestaut hatte und sich nun aufmachte, das Rennen zu gewinnen, das über Leben oder Tod entschied. Joe legte den Kopf in den Nacken und genoss still und glücklich die Rettung eines schlimm begonnenen Tages. „Im Krankenhaus?“, fragte Mr. Dooley, „was ist denn passiert?“. „Das kann ich auch nicht genau sagen“, sagte Burt, „mein Informant hat nur gesagt, dass sie mit dem Rettungswagen abtransportiert worden ist. „Hoffentlich nichts Ernsthaftes“, grübelte der Drogenboss, „die Lady schuldet mir noch ein Date, das möchte ich nicht verpassen“. „Keine Ahnung“, sagte Burt, „mein Informant musste weg, bevor es entsprechende Meldungen gab“. „Na schön“, meinte Mr. Dooley, „dann werde ich die Taktik mal ändern und zur Offensive übergehen. Geh mal zur alten Ellie in den Blumenladen und bestelle für Montag einen anständigen Strauß. Sag ihr, er ist für eine hochgeschätzte Person, und sie soll sich Mühe damit geben. In der Zwischenzeit werde ich mich mal etwas genauer informieren. Ich nehme an, dass Tanya weiß, was Sache ist“. „Okay“, sagte Burt und machte sich auf den Weg. Nachdenklich lehnte sich der Gangsterboss zurück. Der harte Bursche machte sich ernsthaft Sorgen, und das passte heute gar nicht. Er hatte noch ein heikles Geschäft abzuschließen, da konnte er keinerlei Ablenkung gebrauchen, zumal zu allem Überfluss auch noch Leute des verrückten Igors im Hafenviertel gesichtet worden waren. Der verdammte Russe wollte sich doch wohl nicht hier breitmachen? Das hätte noch gefehlt. Ein Bandenkrieg wäre das Letzte, was Mr. Dooley jetzt gebrauchen konnte. Und nicht nur jetzt. So etwas hasste er grundsätzlich. Offene Gewalt war überhaupt nicht sein Ding, und im Grunde seines Herzens wusste er, dass eine solche Konfrontation unweigerlich zu seinem Rückzug führen würde. Er war zwar ein Gangster und nicht gerade zimperlich, wenn es um die Durchsetzung seiner Interessen ging, aber wirklich über Leichen ging er nur sehr ungern. Die Sache mit Jeff und der verrückten Sekretärin des damaligen Bürgermeisters, letztes Jahr, war ihm schwer an die Nieren gegangen. Er hasste es, wenn er zu solch finalen Mitteln greifen musste. Wenn er nur wüsste, was die blöde Kuh hier, mitten in seinem Reich, zu suchen gehabt hatte. Das konnte doch kein Zufall gewesen sein. Andererseits hatte er keinerlei ernsthafte Scherereien nach ihrem Verschwinden gehabt, was doch wieder für einen Zufall sprach. Seltsame Geschichte. Was es damit auf sich gehabt hatte, würde er wohl nie erfahren. Und eigentlich wollte er davon auch am liebsten nie wieder etwas hören. Doch irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass das Thema ihn irgendwann wieder einholen könnte. Bah, Scheiße, dachte er, Du hast andere Dinge im Kopf zu haben, und griff zum Telefon. Unschlüssig saß Anna im Wohnzimmer. Was sollte sie jetzt tun? Bis Dienstag war sie auf sich allein gestellt. In ihre Kammer wollte sie lieber nicht gehen. Wenn die Tür zufiele, würde sie da nicht mehr herauskommen, und im Bett ihrer Herrin zu schlafen, stand ihr nicht zu, so ganz ohne Erlaubnis. Ganz in Gedanken griff Anna nach einer der Fernbedienungen, die auf dem Tisch lagen, und wollte den Fernseher einschalten, um sich etwas abzulenken. Sie erwischte eine mit nur wenigen Knöpfen und drückte wahllos drauflos. Ihre Augen weiteten sich vor Überraschung, als in der Wand über dem Fernseher eine offensichtlich geheime Öffnung auseinanderging und den Blick auf vier Monitore freigab. Anna drückte einen weiteren Knopf, und einer der Monitore flackerte kurz auf, bis er sein klares Bild zeigte. Was ist das? dachte Anna und stand auf, um das Bild aus der Nähe zu betrachten. Es zeigte einen kahlen Raum mit einem von der Decke hängenden Flaschenzug und schweren Ringen an den Wänden. Eine leichte Gänsehaut schlich sich auf ihre Arme. Was war das für ein Raum? Und wo war der? Sie hatte nichts dergleichen gesehen, als sie unten war. Und es musste unten sein. Hier oben gab es nichts mehr. Unter dem Dach war kein Platz mehr für einen so hohen Raum. Anna probierte die anderen Knöpfe, bis alle vier Monitore ihr Bild zeigten, und Anna wurde klar, dass es unter dem Haus noch mehr geben musste als die Spielwiese. Etwas Geheimes, Unheimliches. Ein unterirdisches Gefängnis. Was verbarg ihre Herrin vor ihr? Hatte das etwas mit dem Schaltkasten in ihrer Kammer zu tun? Was für ein dunkles Geheimnis umgab ihre geliebte Herrin? Schnell drückte Anna den roten Knopf, und die Monitore erloschen. Geräuschlos schloss sich die Öffnung in der Wand wieder, und Anna ging nach unten. Sie wollte mehr wissen, und sie wollte die Zeit nutzen, um danach zu suchen. „Das ist aber ruhig da oben“, wunderte sich Joe, als er mit den beiden Models die Treppe hinaufstieg. „Ach, das wisst Ihr ja noch gar nicht“, sagte Janet, „die Party ist vorbei. Miss Jenna ist im Krankenhaus“. „Was?“, fragte Joe bestürzt, „im Krankenhaus? Wieso das denn?“. „Sie hatte einen Zusammenbruch“, sagte Janet, „es geht ihr aber anscheinend schon wieder besser. Dienstag kommt sie wieder nach Hause“. „Das gibt´s doch gar nicht“, sagte Joe erschrocken, „und wir vergnügen uns da unten im Keller, während oben alles aus dem Ruder läuft“. „Na und?“, meinte Belle lapidar, „hat´s Dir etwa nicht gefallen?“. „Doch, doch“, beeilte sich Joe zu sagen, „sehr sogar, aber…“. „Papperlapapp“, sagte Belle, „passiert ist passiert. Da hätten wir sowieso nichts dran ändern können. Hier, Joe, meine Karte. Ruf mich an, wenn Du mal wieder in der Gegend bist. Du bist wirklich ein ganz süßer Junge“. „Stimmt“, sagte Janet, „und mich rufst Du dann auch gleich an. Heute bin ich ja etwas zu kurz gekommen“. „Wenn Ihr meint“, sagte Joe zufrieden, „aber nächstes Mal bringe ich die Fesseln mit. Mal sehen, wie Euch das gefällt“. „Abgemacht“, sagte Belle, „aber da wirst Du Dich ordentlich anstrengen müssen, Wir können allerhand vertragen“. Eine halbe Stunde später kamen auch die drei Frauen aus dem Krankenhaus zurück, und Joe musste sich von seinen zwei hübschen Gespielinnen trennen und mit Lucy zurück auf die Farm fahren. „Ihr könnt auch gerne mal auf die Farm kommen“, sagte er zum Abschied, „dort gibt es auch ein geheimes Spielzimmer“. „Willst Du wohl stille sein“, schimpfte Lucy und boxte ihm in den Bauch, „das geht niemand was an“. „Los, Ihr beiden, raus hier“, lachte Tanya, und die Models machten sich auch auf den Weg. „Wo ist eigentlich Anna?“, fragte Mira. „Die ist eben nach unten in den Keller gegangen“, sagte Janet, „keine Sekunde zu früh“. Kichernd hakten sich die beiden jungen Frauen ein und verließen das Haus. „Wolltest Du noch mit ihr sprechen?“, fragte Tanya. „Lieber nicht“, sagte Mira, „ich wüsste gar nicht, was ich ihr sagen sollte. Könnte schnell das Falsche sein. Lass uns lieber losfahren“. Anna ging von Wand zu Wand. Gelegentlich klopfte sie daran, um einen Hohlraum zu entdecken, doch es tat sich nichts. Seit zwei Stunden suchte sie nun schon nach einem Geheimgang oder einem versteckten Schalter. Sie konnte nichts Verdächtiges finden, auch keine Kabel, die zu den Videokameras führen könnten. Was, wenn es gar nicht hier war? Vielleicht war es gar nicht unter dem Haus, sondern ganz woanders. Nein, das konnte Anna sich nicht vorstellen. Es musste hier irgendwo sein. Anna setzte sich auf den Thron und überlegte. Der ganze Raum lag vor ihr, den Vorhang hatte sie zurückgezogen. Angestrengt versuchte sie, irgendeine Unregelmäßigkeit zu entdecken. Irgendetwas an den Wänden oder dem Boden, das eine Auffälligkeit aufwies. Nichts. Wenn sie nur genau wüsste, wonach sie überhaupt suchen musste. Es konnte ja alles Mögliche sein. Ein Hebel, ein Schalter, ein in die Wand eingelassener Stein oder wer weiß was. Langsam wurde Anna müde. Es war schon nach 23.00 Uhr. Sie sollte die weitere Suche auf morgen verschieben. Auf morgen Früh. Am Nachmittag wollte sie ins Krankenhaus fahren und sich Instruktionen holen, wie sie die nächsten Tage in Abwesenheit der Herrin verbringen sollte. Anna erhob sich von dem Thron. Sie konnte ja nicht ahnen, dass ihre rechte Hand nur Millimeter von dem Schalter entfernt gewesen war, als sie auf der goldverzierten Lehne gelegen hatte. Sie ging hinauf ins Foyer, verschloss die Eingangstür und begab sich zu ihrem Bad. Anna nahm einen Stapel Handtücher aus dem kleinen Badezimmerschrank und nahm sie mit zu ihrer Kammer. Sie öffnete die schwere Tür, ging über die Schwelle und klemmte den Stapel zwischen Tür und Rahmen. Sorgsam prüfte sie, ob der Stapel die Tür auch offenhielt. Erst als sie hundertprozentig davon überzeugt war, ging sie ganz hinein und bereitete sich für die Nacht vor. Jenna saß aufrecht in ihrem Bett, als Anna hereinkam. Sie hatte sich schnell erholt und wäre am liebsten sofort nach Hause gegangen, doch die Ärzte hatten ihr dringend geraten, bis zum Dienstag zu bleiben, um ganz sicher zu gehen, dass keine Folgeschäden zu erwarten waren. Letztlich hatte sie sich auch davon überzeugen lassen. „Anna, mein Liebling“, sagte sie erfreut, „komm herein. Setz Dich zu mir auf die Bettkante“. „Oh, Mistress Jenna“, sagte Anna und drückte ihrer Herrin einen Strauß Sommerblumen und eine Tüte mit Kleidern in die Arme, „ich habe mir große Sorgen gemacht. Wie konnte denn das bloß passieren? Geht es Ihnen auch wirklich wieder gut? Kommen Sie auch wirklich am Dienstag wieder heim? Ich weiß gar nicht…“. „Haha“, lachte Jenna, „nun beruhig Dich mal wieder. Keine Sorge, ich bin schon wieder ganz okay. Du hast sicher einen ganz schönen Schrecken bekommen, was? Du bist ein Goldschatz, ich liebe Dich“. Glücklich ging Anna auf die Knie. Das hatte ihre Herrin noch nie gesagt. „Ich liebe Sie auch, Mistress Jenna“, sagte sie aus tiefstem Herzen, „und ich habe solche Angst gehabt“. „Ich weiß, mein Schatz“, sagte Jenna liebevoll, „aber jetzt steh mal wieder auf. Wie sieht denn das aus, wenn hier plötzlich ein Arzt oder eine Schwester auftaucht? Setz Dich lieber wieder auf die Bettkannte. Hier hat es gestern Abend schon genug Irritationen gegeben. Lass Dich mal anschauen“. Mit sicherem Blick prüfte Jenna Annas Outfit und Make-up. „Hm“, sagte sie, „sehr schön. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand etwas bemerkt. Du machst das wirklich gut. Und heute wirkt es auch sehr dezent und natürlich“. „Danke, Mistress Jenna“, sagte Anna stolz, „ich hatte aber auch eine tolle Lehrmeisterin“. Jenna lehnte sich etwas zurück und schloss einen Moment die Augen. Anna schien es, als bemerke sie einen Schatten im schönen Gesicht ihrer Herrin, die plötzlich den Kopf schüttelte und sich wieder aufsetzte. „Nein“, sagte Jenna und legte ihre Hand auf Annas Wange, „ich kann es Dir nicht verschweigen“. „Verschweigen?“, fragte Anna erwartungsvoll und hoffte, nun etwas über die seltsamen Räume zu erfahren, die sie auch am Vormittag erfolglos gesucht hatte, „was denn verschweigen?“. „Weshalb ich wirklich zusammengebrochen bin“, sagte Jenna, „ich wollte es Dir erst nicht sagen, doch inzwischen denke ich, dass Du ein Recht darauf hast, die Wahrheit zu erfahren. Schließlich bist Du nicht ganz unschuldig daran“. „Nicht ganz unschuldig?“. Anna verstand kein Wort. Was hatte sie getan, was ihre Herrin hatte krank werden lassen? „Wärest Du gerne Vater geworden?“. Die Frage traf Anna wie ein Blitzschlag. „Was?...wie…Vater? Ich?“. Was hatte das zu bedeuten? Vater werden? Als Anna? „Und?“, wiederholte Jenna die Frage, „wärest Du?“. „Ich weiß nicht“, sagte Anna vorsichtig, „darüber habe ich noch nie nachgedacht, aber…Sie sind meine Herrin. Wenn Sie es wollen…“. „Nein, nein“, beeilte sich Jenna zu sagen, „das will ich gar nicht. Es ist nur…“. „Ja?“. „Es wäre beinahe passiert“, sagte Jenna und holte tief Luft, „ich war schwanger“. Wie vom Donner gerührt saß Anna stocksteif auf der Bettkannte. Sekundenlang sagten beide kein Wort. Anna musste das erst einmal sacken lassen. Es war ihr klar, dass das nur Eines bedeuten konnte, soweit kannte sie ihre Herrin. Mistress Jenna hatte bestimmt keinen Geschlechtsverkehr mit einem Mann gehabt. Jedenfalls nicht mit einem anderen, einem „normalen“. „Was heißt… waren?“, durchbrach Anna schließlich die Stille. „Ich bin es nicht mehr“, sagte Jenna, „ich hatte eine Fehlgeburt“. „Oh Gott, Mistress Jenna“, sagte Anna bestürzt und fiel ihrer Herrin schluchzend um den Hals, „das tut mir so leid. Das muss schrecklich für Sie gewesen sein“. „Nun lass mal, Anna“, sagte Jenna verlegen, „es muss Dir nicht leid tun. Das Schicksal hat es nicht gewollt, und es wäre wohl auch nicht gut für uns gewesen. Ich hätte nie eine gute Mutter sein können“. „Sagen Sie das nicht“, protestierte Anna, „Sie können alles sein. Sie sind eine Göttin“. „Nein, Anna“, sagte Jenna, „ich bin keine Göttin. Vielleicht für Dich und einige andere. Aber das ist nicht die Wahrheit. In Wahrheit bin ich etwas ganz anderes. Du würdest mich hassen, wenn Du wüsstest, was in mir schlummert und darauf wartet, hinausgelassen zu werden“. „Niemals“, Annas Stimme überschlug sich, „niemals würde ich Sie hassen. Ich liebe Sie aus tiefster Seele. Ganz egal, was Sie tun oder sagen, und was auch immer in Ihnen schlummert. Ich werde Ihnen immer zu Füßen liegen, was auch passiert. Ich…ich…“. „Danke, Anna“, sagte Jenna und drückte ihre Sklavin fest an sich, „es tut so gut, wenn Du da bist. Ich liebe Dich sehr“. Annas Tränen verwandelten sich in Tränen des Glücks. Ihre Herrin hatte es wieder gesagt. Zum zweiten Mal in nicht einmal einer Stunde. Nichts würde sie trennen können, auch kein dunkles Geheimnis. Anna würde an der Seite ihrer Göttin bleiben, selbst wenn sie durch die Feuer der Hölle würden gehen müssen. Plötzlich ging die Tür auf, und eine Schwester betrat das Krankenzimmer. „Oh, Besuch“, sagte sie, „tut mir leid, junge Dame. Sie müssen leider das Zimmer verlassen. Gleich kommt der Doktor zur Untersuchung. Das wird etwas dauern. Wenn Sie warten wollen…“. „Schon gut“, sagte Jenna, „meine Freundin wird woanders auf mich warten. Nicht wahr, Anna?“. „Ja, äh, Miss Jenna“, sagte Anna, „was soll ich denn jetzt machen, wo Sie…“. „Du weißt, was Du zu tun hast“, sagte Jenna, „tue genau das, was ich angeordnet habe. Morgen Früh von 06.00 Uhr an…Du weißt schon“. „Aber Sie sind doch gar nicht da“, warf Anna ein. „Das muss ich auch nicht“, lächelte Jenna, „das geht wie von selbst“. „Dann werde ich mal gehen“, sagte Anna beruhigt und beängstigt zugleich. Sie gab ihrer Herrin noch einen flüchtigen Kuss und stand auf. „Ach, Anna“, rief Jenna ihr nach, „geh vorher noch etwas essen“. Und das tat Anna. Sie begab sich in die Innenstadt und suchte ein Schnellrestaurant auf, wo sie sich einen Burger und eine Riesenportion Pommes Frites bestellte, um ihren Hunger zu stillen. Niemand sah sie schief an, kein Mensch machte eine Bemerkung, als sie sich an einen Tisch setzte und ihre Mahlzeit verzehrte. Der Laden war gut besucht. Ein junges Paar kam an Annas Tisch und fragte freundlich, ob es sich zu ihr setzten dürfe. Anna hatte nichts dagegen, und nichts deutete darauf hin, dass das Paar irgendeinen Verdacht über ihr wahres Geschlecht hegen könnte. Rein gar nichts. Zufrieden beendete sie die Mahlzeit und machte sich auf den Heimweg. Mit Suchen würde es jetzt nichts mehr werden, dachte Anna, als sie in ihren Wagen stieg. Die Anweisungen der Herrin waren eindeutig. Und Anna hatte nicht vor, sie zu missachten. Und so fuhr sie zum Haus am grauen Wald und ging direkt in ihr Bad, duschte und ging hinüber zu ihrer Kammer. Sie nahm den Stapel Handtücher von der Türschwelle und verstaute ihn wieder in dem kleinen Badezimmerschrank. Mit leicht klopfendem Herzen, nur mit einer Flasche Wasser bewaffnet, ging Anna erneut hinüber, trat ein und ließ die Tür ins Schloss fallen. Es war 17.00 Uhr. Dreizehn Stunden würde sie nun warten müssen, bis sie wieder hinaus konnte. Joe Weller hieß der Knabe, der Harry zum Heulen gebracht hatte und behauptete, sein Sohn zu sein. Das hatte er schnell herausbekommen, nachdem er vierundzwanzig Stunden im Bunker abgesessen hatte. Auch die Adresse stand auf dem Zettel, den ihm der Direktor dieses vermaledeiten Knasts in die Hand gedrückt hatte. Der betrachtete Harry als so etwas wie seinen „Lieblingsgefangenen“, und als sein guter Mr. Milfort mal wieder in den Bunker gegangen war, hatte er sich direkt vor Ort erkundigt, was denn diesmal wieder vorgefallen war. „Ich will wissen, wer das war“, hatte Harry gebrüllt, „das ist mein gutes Recht“. „Einen Scheiß Rechte haben Sie“, hatte der Direktor zurückgebrüllt, hatte aber genau gewusst, dass er Harry die Information nicht würde vorenthalten können. Wer Besuch bekam, hatte natürlich das Recht, zu erfahren, wer ihn da besuchte. Das wäre ja noch schöner. Und Mr. Milfort hatte darauf beharrt, zu betonen, dass es sich um einen unehelichen Sohn handelte, der da bei ihm gewesen war. Und so hatte der Direktor ihm den Zettel mit den Anmeldedaten zugesteckt, als Harry aus dem Bunker gekommen war. Nur die Telefonnummer hatte er vorsichtigerweise unterschlagen. Er wollte auf keinen Fall, dass Harry Milfort den jungen Mann mit Anrufen traktierte, die der womöglich gar nicht haben wollte. So, wie es aussah, war der Junge im Zorn gegangen. Und wenn der irgendwann verrauchen sollte, würde er sich schon von selbst wieder melden. Immer wieder las sich Harry das Stück Papier durch. Joe Weller, geb.: 11.03.81 in Newport. Hm, dreiundzwanzig war der Bengel also. Das konnte hinkommen. Es musste so um 1980 herum gewesen sein, als Harry die Nutte gefunden hatte. Er hatte die Sache im Laufe der Jahre glatt vergessen, sie war ihm nie besonders wichtig erschienen. Eine unerhebliche Episode eben, die noch nicht mal richtig Spaß gemacht hatte. Jetzt konnte Harry sich allerdings wieder sehr genau daran erinnern. Die Tante hatte sich damals offenbar selbst gefesselt, und Harry, der ja noch nie ein Kind von Traurigkeit war, hatte die Gelegenheit als viel zu günstig betrachtet, um sie ungenutzt liegenzulassen. Wer konnte denn ahnen, dass die Schlampe gleich schwanger werden würde? Wieso hatte die sich eigentlich nie gemeldet? Er war doch damals stadtbekannt, und sie hätte ja durchaus Ansprüche anmelden können, wenn sie ihn schon nicht angezeigt hatte. Harry sah wieder auf den Zettel. Die Adresse kannte er nicht, musste aber außerhalb Newports liegen. Keine Telefonnummer. Scheiße. Das wäre jetzt die einzige Möglichkeit gewesen, mehr zu erfahren. Die hatte ihm der Direktor offensichtlich absichtlich vorenthalten. In gewisser Weise konnte Harry das sogar verstehen. Trotzdem ärgerte er sich darüber. Immerhin hatte er nun ein Ziel vor Augen, das ihm über die Trostlosigkeit der vor ihm liegenden Jahre hinweghelfen konnte. Es waren ja nur noch sechs. Nicht gerade eine Aussicht, um gute Laune zu verbreiten. |