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Autor Thema: Die wundersame Wandlung einer missratenen Tochter (Teil 1 - 5)  (Gelesen 8068 mal)
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viper2606
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« am: Mai 22, 2011, 05:00:27 pm »

Teil 1

Für ihre 18 Jahre war Monika schon ein rechtes Miststück: Rauchen wie ein Schlot, ungehemmter Alkoholgenuss, wegen Drogenmissbrauch und Diebstahl mit dem Gesetz in Konflikt gekommen, Kiffen war für sie so selbstverständlich wie das Stehlen im Elternhaus.     Schule und Ausbildung hatte sie abgebrochen, oder besser gesagt, war rausgeflogen, und hatte nichts Besseres zu tun, als die meiste Zeit des Tages mit ziemlich fragwürdigen Typen herumzuhängen.

Wie kann ein junges Mädchen nur so tief sinken? Bis zu ihrem 16. Lebensjahr war sie ein fröhlicher Teenager, sportlich veranlagt mit einer tollen Figur. Jetzt, mit 18 Jahren, waren die Folgen von Drogen- und Alkoholexzessen schon deutlich sichtbar, dunkle Ringe unter den Augen, und ihr Körper fing an etwas schwammig zu wirken.

Dr. Erich Heinemann und seine Frau Helga konnten es nicht verstehen, Monika hatte es nie an irgendwas gefehlt, an der Erziehung konnte es auch nicht liegen, schließlich hatten ihre zwei älteren Brüder Schule und Ausbildung/Studium mit sehr gutem Erfolg durchlaufen und waren in ihren Berufen erfolgreich. Doch trotz allem hielten Heinemanns zur ihrer Tochter, ihr ganzes Bestreben war darauf gerichtet, Monika auf einen vernünftigen Lebensweg zu bringen.

Es war Anfang April, als es zur Mittagzeit an der Haustür schellte, Erich Heinemann, der zur Mittagspause nach Hause gekommen war, ging zur Tür und machte sie auf. Draußen stand ein Postbote, der einen Einschreibebrief für Monika in der Hand hielt. Herr Heinemann rief seiner Frau zu, sie solle ihrer Tochter Bescheid sagen, dass sie den Empfang eines Briefes zu quittieren hätte. Frau Heinemann ging nach oben und scheuchte ihre Tochter aus dem Bett: „Da ist ein Einschreibebrief für Dich, komm bitte sofort herunter und nimm den Brief in Empfang.“ Monika quälte sich verkatert aus dem Bett und ging, nur mit einem Sleepshirt an, die Treppe hinunter zum Postboten hin.

„Unsere Tochter war gestern auf einer Feier, da ist es wohl etwas spät geworden.“ versuchte Erich Heinemann das Aussehen seiner Tochter zu entschuldigen. „Das kommt bei jungen Leuten ja mal vor.“ sagte der Postbote, dem aber anzusehen war, dass er die Lebensgewohnheiten von Monika kannte. Er ließ sich den Brief quittieren, wünschte noch einen schönen Tag und ging seiner Arbeit nach.

Monika wollte schon wieder nach oben, um sich noch einmal ins Bett zu legen, doch ihre Eltern wollten wissen, was es mit dem Brief auf sich hätte, es blieb ihr nichts anders übrig als das Schreiben gleich zu lesen.

Kaum hatte sie den Brief geöffnet und die ersten Zeilen überflogen, als sie auch schon anfing zu fluchen, das Schreiben auf den Boden warf und wieder ins Bett ging. Erich Heinemann hob ihn auf und las ihn durch, worauf er seine Frau ansah und sagte: „Jetzt haben wir den Salat, Monika muss, weil sie die ihr auferlegten Sozialstunden nicht abgearbeitet hat, für 3 Wochen in die Vollzugsanstalt.“

„Das darf doch nicht wahr sein,“ rief Helga Heinemann entsetzt, „lässt das Mädchen denn nichts aus, um sich selbst fertig zu machen? Auf keinen Fall darf sie in eine Vollzugsanstalt, Erich, du musst etwas unternehmen, der Staatsanwalt ist doch im gleichen Golfclub wie Du.“

„Du hast vielleicht Nerven,“ meinte er, „was soll ich ihm denn sagen? Hallo, wir kennen uns doch und ist es vielleicht möglich, unserer Tochter die Strafe zu erlassen? „Natürlich nicht, aber vielleicht gibt es einen Weg ihr einen Gefängnisaufenthalt zu ersparen,  solche Leute wie der Staatsanwalt kennen möglicherweise noch andere Wege, versuchen könntest Du es doch einfach mal.“

„Was glaubst Du wohl, wie peinlich mir das Ganze ist, aber wahrscheinlich ist das der einzige Weg, den wir in dieser Situation überhaupt noch gehen können, ich werde heute Nachmittag bei ihm im Büro vorbeifahren.“

Erich Heinemann hielt Wort, am Nachmittag kurz vor Dienstschluss ging er zum Gericht und bekam tatsächlich einen Termin bei Staatsanwalt. Nach dem Austausch allgemeiner Höflichkeiten kam Heinemann dann auch schnell zum Thema und wollte von seinem Golffreund wissen, ob es noch einen Ausweg gäbe.

Der überlegte eine ganze Weile, sah Heinemann mit festem Blick an und sagte: „Ja, es gibt eine Möglichkeit die Haftstrafe abzuwandeln, aber sie ist mehr als hart, hätte aber den großen Vorteil, dass Eure Monika keinen Kontakt mehr mit ihrem Umfeld hat, außerdem keinen Zugriff mehr auf Drogen, Alkohol und Nikotin. Der Nachteil dieser Aktion wäre, dass sie mindestens ein Jahr dauert, und Ihr in dieser Zeit keinen Kontakt mit ihr hättet, auch die monatlichen Kosten mit ca. 1500 Euro sind nicht unerheblich. Dazu kommt, dass Eure Tochter sich schriftlich damit einverstanden erklären müsste, sonst geht es nicht, schließlich ist sie volljährig.

„Für die Einverständniserklärung sorge ich, worauf Du Dich verlassen kannst, auch die Kosten sind in Ordnung, denn es wäre wirklich eine Chance ihr Leben wieder in Ordnung zu bringen, doch wäre es jetzt nicht an der Zeit, mir etwas Genaueres zu erzählen?“

Nachdem der Staatsanwalt Herrn Heinemann schwören ließ, nichts von der folgenden Unterhaltung weiterzuverbreiten, fing er an zu erzählen. Über eine halbe Stunde zog sich der Bericht hin, und nachdem der Staatsanwalt geendet hatte, sagte Erich Heinemann überwältigt: „Das es so etwas bei uns in Deutschland gibt, hätte ich nicht für möglich gehalten, die Idee ist zwar fremdartig, aber ich bin begeistert. Innerhalb von 2 Tagen hast Du das schriftliche Einverständnis meiner Tochter hier auf dem Schreibtisch liegen, wie lange wird es dann bis zum Beginn der Aktion dauern?“

„Ein paar Dinge muss ich noch abklären, aber von heute an in einer Woche, ja, das müsste hinhauen. Stell Dich also auf eine Woche ein, Deine Tochter braucht weiter nichts mitzunehmen als die Kleidung, die sie auf dem Leib hat, für alles andere wird dort gesorgt.“
und gab ihm noch einen Vordruck für die Einverständniserklärung mit.



Teil 2

Erich Heinemann fuhr auf dem direkten Weg nach Haus, um sich dort gleich mit seiner Frau zu unterhalten. Nun durfte er ihr nicht genau erklären, um was es dabei ging, nur soviel konnte er ihr sagen: Sie würden mindestens ein Jahr lang keinen Kontakt mit Monika haben, doch sie wäre an einem Ort, der ihr helfen würde, zu einem ordentlichen und geregeltem Leben zurückzufinden.

Anfangs war das Vorhaben für Helga Heinemann etwas dubios, doch in Anbetracht der Möglichkeiten, die sich da auftaten, ließ sie sich nach einiger Zeit für den Plan gewinnen.

Jetzt bestand die größte Schwierigkeit darin, von ihrer Tochter eine Einverständniserklärung zu bekommen. Die Beiden überlegten lange und beschlossen, sich noch einmal vernünftig mit Monika zu unterhalten, ob sie nicht aus freien Stücken bereit wäre, etwas für ihr weiteres Leben zu unternehmen.

Es war schon wieder dunkel, als Monika endlich aus ihrem Zimmer kam um noch auf Tour zu gehen. Als sie die Treppe heruntergegangen war, wurde sie von ihren Eltern aufgefordert ins Kaminzimmer zu kommen, da sie mit ihr noch etwas zu besprechen hätten.

Ziemlich widerwillig folgte sie der Aufforderung und setzte sich auf eine Sessellehne. „Monika,“ fing ihr Vater an, „wir müssen unbedingt über Deine Zukunft reden, so geht es nicht mehr weiter.“ „Jetzt hört doch mal auf mich ständig zu nerven,“ erwiderte sie aufgebracht, „ich kann die alte Leier nicht mehr hören: Mach was aus Deinem Leben, nimm Dir ein Beispiel an Deinen Brüdern, Du bist ständig mit den verkehrten Leuten zusammen, Du solltest nicht rauchen und keinen Alkohol trinken, und, und, und. Meine Güte, von Euern gutgemeinten Ratschlägen habe ich die Fresse endgültig voll, das könnt ihr mit glauben.“

„Und was ist mit der Haftstrafe, die Du in einigen Tagen antreten musst?“ fragte ihre Mutter. „Ach du heilige Scheiße,“ sagte Monika, „an die verdammte Haftstrafe habe ich überhaupt nicht mehr gedacht, Papa, Du musst mir helfen.“

„Sieh mal an, jetzt auf einmal werde ich wieder gebraucht, aber nur weil Fräulein Tochter ganz dick in der Patsche sitzt.“ knurrte Heinemann verbittert. „Aber ich habe Dich noch nie im Stich gelassen, und da ich mir vorstellen konnte, dass so etwas in dieser Richtung passiert, habe ich mich bereits erkundigt, was man unternehmen könnte.“ Damit sagte er zwar nur die halbe Wahrheit, aber kurzfristig hatte er einen Plan geschmiedet, um an die Unterschrift seiner Tochter heranzukommen.

„Es ist so,“ fing er gerade an zu erzählen, „wenn Du einen Tag bevor Du die Haftstrafe antreten musst Dich bei einer bestimmten Adresse meldest, könnte es sein, dass Du um die JVA herumkommst. Dazu bräuchtest Du nur eine Einwilligungsbestätigung zu unterschreiben, die ich bereits besorgt habe.“

Im gleichen Augenblick war von draußen  ungeduldiges Hupen zu hören, Monika sagte  sie müsse sofort los, ihr Bekannter würde schon warten, ihr Vater solle einfach tun, was er für richtig hielte. Mit diesen Worten sprang sie auf und wollte zur Haustür, doch ihr Vater rief sie noch einmal zurück und hielt ihr einen Kugelschreiber hin. „Unterschreib das schnell, dann kann ich alles in die Wege leiten, und Du kannst von mir aus zu Deinen Freunden gehen.“

„Dann gib den Wisch doch her,“ gab sie schnodderig zurück und setzte ihre Unterschrift unter das Dokument, einen Augenblick später war sie auch schon durch die Haustür verschwunden.

„Das lief ja besser als ich dachte,“ seufzte Heinemann erleichtert und sah seine Frau an, die inzwischen Zweifel an der Richtigkeit des geplanten Unternehmens bekommen hatte. Ihr Mann beruhigte sie aber schnell, denn sie hätte ja auch nun wieder gesehen, dass ihre Tochter vollkommen uneinsichtig wäre und es keinen anderen Weg geben würde, als die geplante Aktion in Angriff zu nehmen.

Gleich am nächsten Tag fuhr Heinemann mit der Erklärung seiner Tochter zu dem Staatsanwalt, der sich von ihm schriftlich bestätigen ließ, dass sie die Unterschrift freiwillig geleistet hätte. Das tat er nur zu gerne und bekam die Order, sich in fünf Tagen am Vormittag zusammen mit seiner Tochter in der Hafenstadt Lauwersoog in den Niederlanden einzufinden. Er solle den Wagen möglichst weit entfernt parken und dann zum Fischereihafen kommen, bei den vier Energiewindmühlen würde jemand auf ihn warten, alles andere würde er dort erfahren.


Teil 3

Einen Tag vor der Abfahrt nach den Niederlanden bat Erich Heinemann seine Tochter, den Abend zu Hause zu verbringen, da sie am nächsten Tag zeitig wegfahren müssten. Monika versprach ihrem Vater, dass sie nicht lange wegbleiben würde, sie wolle nur kurz zur einer Freundin gehen. Natürlich hielt sie sich nicht an ihre Zusage, erst am nächsten Morgen um 6.00 Uhr kam sie wieder nach Hause, blau wie ein Veilchen. Ihr Vater hatte in dieser Nacht vor lauter Sorge, dass sie überhaupt nicht auftauchen würde, so gut wie nicht geschlafen und war dementsprechend sauer. Er ließ ihr weder Zeit zum Umziehen noch zum Frühstücken, sondern verfrachtete sie hinten in den Wagen und fuhr los Richtung Niederlande.

Während der ganzen Fahrt schlief Monika auf der Rückbank, ein säuerlicher Geruch von ihrem Alkoholatem verpestete die Luft im Wageninneren. Nach fast vier Stunden Autofahrt kamen sie endlich in Lauwersoog an, Heinemann parkte seinen Wagen verabredungsgemäß am Stadtrand, von da aus hatten sie eine Viertelstunde zum Alten Hafen zu laufen.

Monika war unterwegs nur am meckern, sie wollte einen Kaffee trinken, außerdem müsste sie unbedingt mal auf die Toilette, doch Heinemann war absolut nicht in der Stimmung, auf die Wünsche seiner missratenen Tochter einzugehen.

Im Fischereihafen wurden sie bereits von einem deutschen Rechtsanwalt erwartet, der sich mit dem Namen Rolf Meyerdirks vorstellte. Er erkundigte sich nach dem Verlauf der Fahrt, und Heinemann bestätigte ihm, dass es unterwegs keine Probleme gegeben habe, bei der Grenze hätten sie durchfahren können, auch hätten sie unterwegs nicht einen Stopp eingelegt.

Anwalt Meyerdirks führte sie zu einem Fischkutter, dessen Diesel leise brummte. Nun wurden sie aufgefordert an Bord zu kommen, doch jetzt wurde Monika die Sache unheimlich, sie fragte ihren Vater was sie auf einem dreimal verfluchten, stinkenden Fischkutter zu suchen hätten. Ihr Vater gab ihr zu verstehen, dass es an Bord zumindest eine Toilette geben würde. Bei dem Druck, den sie auf der Blase hatte, hetzte sie geradezu auf das Schiff und verschwand auf der Toilette.

Auch Meyerdirks und Heinemann gingen nun an Bord, und noch während Monika auf der Toilette saß, wurden Vor- und Achterleine und die Springs losgeworfen, der Kutter schob sich langsam von der Kaimauer weg und nahm Fahrt auf , verließ den Hafen auf dem Zoutkamperlaag, um dann über das Westgat zwischen Ameland und Schiermonnikoog die Nordsee zu erreichen.






Als Monika von der Toilette zurückkam ging sie auf den Steuerstand um zu erfahren, wohin die Reise gehen sollte. Da ihr Vater und sie kein Gepäck mitgenommen hatten, konnte es nach ihrer Meinung nicht allzu weit sein. Auf dem Steuerstand angekommen wurde ihr ein Becher Kaffee angeboten, den sie dankbar annahm, auch gab es frisches holländisches Weißbrot, dick mit Butter bestrichen und mit Ham (gekochter Schinken) belegt.

Nachdem sie herzhaft gegessen hatte und von dem starken Kaffee wieder klar im Kopf war, wollte sie nun endlich wissen, was es mit dieser Reise auf sich hatte.  Das war nun für Erich Heinemann der schwierigste Moment, und etwas hilflos sah er Anwalt Meyerdirks an.

„Vielleicht sollten wir das Gespräch unten in der Messe weiterführen.“ schlug er vor und so begab man sich in den Mannschaftsraum, der im Moment verlassen war.

Nachdem die Drei sich an einen Tisch gesetzt hatten fragte Monika nach einer Zigarette, die ihr auch bereitwillig angeboten wurde, sie konnte zu diesem Zeitpunkt auch nicht wissen, dass es die letzte ihres Lebens war.

„Ja, Monika,“ hob Meyerdirks an, „es ist  einfach so, dass Du im Moment große Probleme hast, so wie mir gesagt wurde. Du hast Schule und berufliche Ausbildung abgebrochen, bist mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt gekommen, solltest sogar für einige Wochen ins Gefängnis kommen, es sieht also wirklich nicht gut aus mit Dir. Wenn Du so weitermachst wie bisher, hast Du in Deinem Leben keine Chance.“

„Was ist hier eigentlich los,“ giftete Monika Anwalt Meyerdirks an, „sind sie vielleicht mit meinem senilen Vater in eine Schulklasse gegangen und  schon genauso bescheuert wie er? Ich will sofort wieder an Land, aber augenblicklich, diesen Käse hier mache ich nicht mit.“

„Liebe Monika, sie werden an Land kommen, aber Ihr Weg führt nicht nach Hause zurück, sondern für Sie geht es in eine Art neue Welt, in eine Welt, in der nur ein Mensch zählt, der sich in eine Gemeinschaft einfügen kann, der bereit ist, für seinen Lebensunterhalt hart zu arbeiten.“

„Ihr könnt mich mal alle Beide kräftig am Arsch lecken, aber hochkant, Ihr Spinner. Ich gehe nirgendwo hin, ich fahre sofort zurück nach Hause. Also dreht diesen gammeligen Fischeimer um und bringt mich zurück, aber sofort, sonst zeige ich Euch wegen Freiheitsberaubung an, das schwöre ich Euch.“

„Nein, da hättest Du wahrscheinlich wirklich keine Hemmungen,“ sagte ihr Vater, „aber die einzige Möglichkeit, Dir die Schande  eine Gefängnisaufenthalts zu ersparen, ist dieser Weg. Die rechtlichen Möglichkeiten hast Du mir doch selbst gegeben, erinnerst Du Dich daran, wie Du mir den Vordruck unterschrieben hast, es ist gerade eine Woche her. Damit hast Du Dich einverstanden erklärst, für mindestens ein Jahr die Verantwortung für Dein Leben in unsere Hände zu legen, und glaube mir, wir wollen nur das Beste für Dich.“

„Jetzt begreife ich erst, was hier gespielt wird,“ brüllte Monika die beiden Männer an, „ich passe nicht in Euer so perfektes Familienleben hinein, also schiebt man mich einfach ab, verschwunden in der Versenkung. Aber damit kommt Ihr nicht durch,  das könnt ihr mit mir nicht machen. Ich weiß zwar nicht, was Ihr vorhabt und wo Ihr mich hinbringen wollt, aber das kann ich Euch jetzt schon sagen, egal wo das sein soll, da werden mich keine 10 Pferde halten.“

Nach diesen Worten sprang sie auf und wollte zur Tür hinauslaufen, doch hatte sie nicht mit den Matrosen rechnen können, die vorsichtshalber vor der Tür postiert waren. Die fackelten nicht lange, packten Monika und drehten ihr die Arme auf den Rücken, um sie dort mit einem Tau zusammenzubinden. Monika fing an zu treten, aber auch das hatte keinen Sinn, mit einem zweiten Ende Tau wurden ihr nun auch noch die Fußgelenke zusammengebunden.

Völlig wehrlos wurde sie wieder auf die Bank in dem Mannschaftsraum verfrachtet, wollte gerade wieder anfangen zu brüllen, als Anwalt Meyerdirks aufstand und ihr eine Ohrfeige verpasste. Niemals in ihrem Leben war sie geschlagen worden, und jetzt schlug sie ein fremder Mann im Beisein ihres Vaters. Mit weit aufgerissenen Augen sah sie ihren Vater an, der aber setzte einen abweisenden Gesichtsaufdruck auf.

„Jetzt hörst Du ganz genau zu, Du kleines Luder,“ schrie Meyerdirks sie an, „ab sofort machst Du keine Schwierigkeiten mehr, denn ich entscheide nach einem Jahr, ob Du Deine Lektion gelernt hast oder nicht, wenn Du nicht mitspielst kann es sein, dass Du Deine Eltern für Jahre nicht mehr siehst, haben wir uns jetzt verstanden?“

In so einem rauhen Ton hatte noch keiner mit ihr geredet, allmählich fing sie an zu begreifen, dass sich in ihrem Leben einiges ändern würde, ob sie wollte oder nicht.



Teil 4

Inzwischen hatte der Kutter Lauwersoog weit hinter sich gelassen und fuhr durch das friesische Zeegat zwischen Ameland und Schiermoonikoog auf die offene Nordsee zu.

Die Matrosen hatten die immer noch gefesselte Monika an Deck gebracht, der es inzwischen vollkommen egal war was passierte, sie war derartig seekrank, so dass sie nur noch über einer Pütz (Schiffseimer) kniete und sich die Seele aus dem Leib kotzte.

So bekam sie es überhaupt nicht mit, dass der Kutter bei einer Tjalk längseits ging, und sich die beiden Mannschaften herzlich begrüßten. Auf einmal wurde sie gepackt und von dem Kutter auf die Tjalk befördert, sie sah ihren Vater noch einmal winken, doch dann forderte Neptun wieder sein Recht, denn die Tjalk schaukelte in dem Moment noch mehr als der Kutter. Erst als die Segel gesetzt wurden war es mit der wilden Schaukelei der Tjalk vorbei, sie hatte zwar etwas Schräglage, aber schaukelte nicht mehr wie blöd hin- und her sondern glitt ruhig und majestätisch durch die Wellen.
           
Langsam wurde Monika bewusst, dass ihr Vater sie allein gelassen hatte, nur der verhasste Meyerdirks war an Bord. Einer der Männer kam zu ihr und löste die Fesseln, gab ihr dabei zu verstehen, dass sie keinen Ärger machen und ruhig an Deck sitzen bleiben solle.

Nach einer Weile fing sie an zu frieren, im April ist es auf dem Meer immer noch sehr kalt. Wie ein Häufchen Elend saß sie zusammengekauert auf dem Deck und klapperte mit den Zähnen, als einer der Männer ihr einen dicken Rollkragenpullover brachte, den sie sich überziehen sollte.

Kaum hatte sie den Pullover in den Händen, als ihr ein seltsamer Geruch daran auffiel, es war eine Mischung von Körperschweiß, feuchten Räumen und altem Fisch. „So einen Lumpen ziehe ich  nicht an, den Gestank kann doch kein normaler Mensch aushalten, mit besten Dank zurück!“ giftete sie den Seemann an und warf ihm den Pullover vor die Füße. Der zuckte nur mit den Schultern, hob den Pullover auf und nahm ihn wieder mit unter Deck.

Langsam fing sie an ihre Umgebung aufmerksamer zu beobachten, als erstes fiel ihr die altmodische Kleidung der drei Männer auf, die das Schiff führten. „Das sind doch bestimmt Leute von einem dieser historischen Segelvereine.“ dachte sie bei sich. Mit einem Mal sah sie Meyerdirks den Niedergang hochkommen, sie konnte sich ein lautes Lachen nicht verkneifen, denn jetzt trug er einen Anzug, der vielleicht vor 100 Jahren mal modern gewesen war.
Meyerdirks sah sie nur stumm an, sagte weiter nichts und ging auf das Achterschiff zur Besatzung, um sich dort mit ihnen zu unterhalten.

Mit einem Mal sah Monika von ihrem Platz in Fahrtrichtung der Tjalk ein weiteres Segel, scheinbar kam ihnen ein anderes Segelschiff entgegen. Falls das nicht auch so ein dreimal verdammter Schlickrutscher von diesem bescheuertem Segelverein war, konnte das ihre Rettung bedeuten.

Wenige Minuten später konnte sie das andere Schiff gut erkennen, es war eine moderne Segelyacht, die jetzt direkt auf die Tjalk zukam. Als beide Schiffe auf gleicher Höhe waren, sprang sie auf und fing mit beiden Armen an zu winken und um Hilfe zu rufen, doch bevor die Besatzung der Segelyacht ihr Winken und Rufen begreifen konnte, stand einer der Seeleute neben ihr und winkte ebenfalls der Yacht zu, dabei packte er mit seiner Hand Monikas Oberarm und drückte ihn so fest, dass ihr die Hilferufe im Hals steckenblieben.

Auch die Besatzung der Segelyacht winkte nun und rief Grußworte herüber, keiner hatte ihre Notlage bemerkt, Sekunden später waren die Schiffe aneinander vorbeigefahren und der Abstand vergrößerte sich zusehends.

Der Seemann hielt Monikas Arm immer noch fest und führte sie zu dem Niedergang hin. „Runter mit Dir, Du Miststück, ich hab Dir doch gesagt, dass Du keinen Ärger machen sollst.“

Untern angekommen hatte sie sich auf eine Bank zu setzten, ihr Aufpasser öffnete eine Kiste und holte eine kurze Kette heraus. Mit den Worten: „Wer nicht hören kann, muss fühlen!“ legte er das eine Ende der Kette um ihren Hals und sicherte es mit einem Vorhängeschloss, das andere Ende wurde an einer Öse angeschlossen, die in den Boden der Schiffsmesse eingelassen war.

Monika ließ es ruhig mit sich geschehen, es kam keinerlei Gegenwehr von ihr, doch als sie richtig begriffen hatte, was man mit ihr gemacht hatte, stieg ihr die Wut von den Zehenspitzen bis zum Kopf hoch. „Du verdammter Hurensohn, was fällt Dir ein, sofort machst Du die Kette los, wessen Geistes Kind glaubst Du eigentlich zu sein, Du primitives Arschloch.“

Der Seemann sah sie an und gab ihr den Rat, sich ab sofort ruhig zu verhalten, für ihre Beschimpfungen und Flüche würde sie später ihre Strafe bekommen, sollte er jetzt noch auch nur einen Ton von ihr hören, würde er ihr die Hände zusammenbinden und seine alten Socken als Knebel für sie gebrauchen. Nach diesen Worten drehte er sich um und ging wieder an Deck, fest in dem Glauben, Monika ruhig gestellt zu haben.

Doch die gab nicht so schnell auf, sie sprang auf und riss an der Kette, versuchte das einfache Schloss zu zerstören, aber alle ihre Bemühungen waren vergeblich. Sie sah sich in der Messe um, hier müsste es doch etwas geben, mit dem die Schlösser zu öffnen wären, doch ihre Kette war so kurz, dass sie nirgends ankam.

Entmutigt ließ sie sich auf die Bank zurückfallen, im Moment konnte sie nichts ausrichten, doch irgendwann würde die Bootsfahrt ja wohl ein Ende haben, und dann würde sie mit Sicherheit einen Weg finden, ihren Aufpassern zu entkommen.

Teil 5

Allmählich wurde Monika etwas ruhiger und fing an, über ihre neue Lage nachzudenken. Ihre Eltern sah sie als Verräter an, zumindest ihr Vater war zu 100 Prozent an der Entführung beteiligt. Wieder kam Wut in ihr auf: Was wollte der Alte damit erreichen? Während sie noch Rachepläne schmiedete, hörte sie jemanden den Niedergang herunterkommen, Anwalt Meyerdirks kam zu ihr in die Messe. Wieder musste sie lachen, als sie seinen altmodischen Anzug sah, Meyerdirks jedoch sah sie ganz ruhig an und fragte sie höflich, ob sie noch eine Ohrfeige haben wolle.

Schlagartig war Monika still, so langsam bekam sie es mit der Angst zu tun. Der Anwalt wollte von ihr wissen, was für ein Gefühl es wäre, angekettet wie ein Hund allein in der Messe zu sitzen. Das war zuviel für ihre Nerven, wie eine Rakete schoss sie hoch und wollte sich auf Meyerdirks stürzen um ihm die Augen auszukratzen, doch nach zwei Schritten wurde sie schmerzhaft durch die Kette gestoppt. Ihr wurde schlecht vor Schmerzen und mit einem Röcheln setzte sie sich wieder auf die Bank.

Meyerdirks schüttelte nur mit dem Kopf und meinte: „Sehr unvernünftig von Dir, in der Tat, sehr unvernünftig.“ und setzte sich zu ihr an den Tisch. „Kann ich jetzt vernünftig mit Dir reden oder brauchst Du noch erst eine Stunde, um Dich wieder zu beruhigen?“

„Ich bin ja schon ruhig“ sagte sie leise und rieb sich den Hals, „was bleibt mir denn anders übrig?“ „So gefällt mir das schon wesentlich besser,  doch das nächste Mal, wenn du mir antwortest, sagst Du gefälligst: „Ich bin ja schon ruhig, Herr Meyerdirks. Hast Du das verstanden?“

„Ja, das hab ich verstanden.“ „Wie bitte?“ fragte Meyerdirks. „Ja, das habe ich verstanden, Herr Meyerdirks.“

„Na also, bei Dir scheint ja noch nicht alles verloren zu sein, da gibt es durchaus noch Hoffnung, ja, durchaus noch Hoffnung. Nun möchtest Du sicher gerne wissen, in was Du hier hereingeraten bist.“ Monika nickte mit dem Kopf und sah den Anwalt erwartungsvoll an, dachte aber bei sich: „Dich Arschloch mache in auch noch fertig.“

„So wie mir Dein Vater berichtete, hast Du in den letzten 2-3 Jahren eine ganze Menge von Problemen gehabt, Drogen, Alkohol, schlechter Umgang, Gesetzesübertretungen, dazu kommt, dass Du Deinen Eltern nicht den gehörigen Respekt erwiesen hast, das ist unverzeihlich, in der Tat, unverzeihlich."

Monika zog sich bei diesen Worten vor Frust der Magen zusammen, dieses dämliche Gesülze hatte sie sich schon oft genug anhören müssen, und am liebsten hätte sie Meyerdirks den Hals umgedreht, doch sie blieb ruhig sitzen und sah ihn nur erwartungsvoll an.

„Nun, meine liebe Monika“ sprach er weiter, „das nächste Jahr Deines Lebens wird bestimmt ganz anders verlaufen, als Du Dir das vorstellen kannst. Es ist nicht unsere Absicht, Dich irgendwo einzusperren, ganz im Gegenteil. Du wirst viel arbeiten, hauptsächlich an frischer Luft, es gibt eine deftige und gesunde Ernährung, und auch Dein Geist wird neu belebt werden, ja, neu belebt werden.“

„Das hört sich sehr gut an, Herr Meyerdirks,“ flötete sie schlangenfalsch, „doch können Sie mir bitte nicht verraten, was da auf mich zukommt, ich möchte mich doch gerne darauf einstellen können, um Sie nicht zu enttäuschen.“

Das war Musik in Meyerdirks Ohren, wohlwollend sah er Monika an und erzählte weiter: „Es gibt in Ostfriesland eine ganze Region, die für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist, wir haben uns selbst die Bezeichnung „Land der alten Dörfer“ gegeben. In unserem Land gibt es fünf Dörfer, in einem von ihnen wirst Du das nächste Jahr leben.“

„Ich habe noch nie von einem Land der alten Dörfer gehört, Herr Meyerdirks, wo liegt denn dieses Land genau?“ fragte Monika, die sich im Geist schon aus diesem seltsamen Land möglichst schnell verschwinden sah.

„Hinter Emden liegt die sogenannte Krummhörn, was auf Hochdeutsch Krummes Horn bedeutet, da dieses Gebiet auf einer Landkarte auch so aussieht.“ Meyerdirks holte Papier und Bleistift und fertigte eine grobe Skizze an. Als er fertig war, schleimte Monika: „Sie haben aber Talent zum Zeichnen, Herr Meyerdirks, das hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut.“

Anwalt Meyerdirks blähte sich auf wie ein Pfau und wehrte das Kompliment halbherzig ab: „Aber nein, meine liebe Monika, so gut ist es nun auch wieder nicht geworden, in der Tat, nicht geworden.“

Bevor Monika, die den Anwalt schon so schön um den Finger gewickelt hatte, ihn noch weiter ausfragen konnte, wurde vom Deck aus runtergerufen: „Meyerdirks, kumm no boben, we bünt dor, dat Wicht kann glicks nokommen.“ Monika verstand kein Wort und fragte: „Was hat er gesagt, Herr Meyerdirks, ich habe kein Wort verstanden.“ „Ich soll nach oben, wir sind jetzt am Ziel, und wirst auch gleich nach oben gebracht. Das war übrigens unserer Plattdeutsch, je eher Du es lernst, umso besser, bei uns wird fast nur Platt gesprochen.“

Kaum war der Anwalt verschwunden, als der Seemann von vorhin in die Messe kam und Monikas Kette an der Öse löste, sie an ihrer Kette an Deck führte und dort ihre Hände hinter dem Rücken zusammenband.

Die Tjalk hatte inzwischen kurz vor der Küste geankert und die Segel geborgen. Das Beiboot wurde zu Wasser gelassen, Meyerdirks und 2 Seeleute stiegen ein, zum Schluss wurde Monika hineinbugsiert.

Mit kräftigen Riemenschlägen ruderten sie auf den Strand zu, als der Bug im Sand knirschte und das Boot am Strand lag, wurde Monika herausgehoben. Einer der Männer blieb als Wache beim Beiboot zurück, der andere nahm das lose Ende der Kette und zog Monika in Richtung Deich, Meyerdirks stapfte mühsam hinterher.

Oben auf der Deichkrone blieben sie stehen um auf Meyerdirks zu warten, der nur mühsam hinterher kam, Monika schaute sich um und ihr Blick fiel auf ein kleines Dorf, das dicht unter dem Deich lag. Sie schaute etwas näher hin, konnte nicht glauben, was sie dort sah und sagte nur: „Ach du heilige Scheiße, das darf doch nicht wahr sein.“



« Letzte Änderung: Mai 22, 2011, 05:02:43 pm von viper2606 » Moderator informieren   Gespeichert
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