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Autor Thema: Die wundersame Wandlung einer missratenen Tochter (Teil 40 - 49)  (Gelesen 5671 mal)
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viper2606
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« am: Mai 22, 2011, 05:11:55 pm »

Teil 40                  Anja in Moorum 4

„Sobald der erste Hahn kräht müssen wir aufstehen,“ erzählte Ilona, „als erste kommt die Bültena und löst die Fußbodenketten, anschließend haben wir uns aufzustellen und vor die Hütte zu gehen, eine von uns muss sich einen Schubkarren nehmen, beide legen ihre Eisenkugeln hinein und dann geht es ins Moor zum Torfstechen.  Die härteste Arbeit ist es, wenn die Torfsoden ausgestochen und hochgeworfen werden müssen, da ist es viel besser, oben an der Abbaustelle zu stehen und die Soden zum Trocknen nebeneinander hinzulegen.
Der dritte Arbeitsgang besteht darin, die schon getrockneten Stücke in kleine Haufen aufzustapeln, die vierte Gruppe hat den schon getrockneten Torf zu großen Haufen aufzuschichten, die werden dann mit Grassoden abgedeckt werden, damit sie bei Regen nicht wieder nass werden. Aber immerhin wird jede Stunde die Arbeit gewechselt, so dass jedes Kettengespann auch jede Arbeit machen muss.“
„Nach vielleicht zwei Stunden bekommen wir das erste Mal etwas zu essen, dann gibt es Tee, Schwarzbrot, sogar Butter, Käse und Wurst, ohne vernünftiges Essen wäre es auch nicht auszuhalten. Danach geht es ohne Pause bis zum Mittag weiter, und du kannst mit ruhig glauben, dass wir nicht eine Sekunde mit der Arbeit nachlassen dürfen, immer ist eine von Bültenas  Aufseherinnen da, die keine Hemmungen haben, uns eins mit der Peitsche zu verpassen.“
Anja konnte nicht glauben was sie da hörte, ließ Ilona aber ohne Unterbrechung weiter berichten. „Zum Mittag gibt es immer einen Eintopf, mal Bohnen,- Erbsen,- Graupen- oder Linsensuppe, mal aber auch durchgestampfte Kartoffeln mit Möhren oder Steckrüben, mit Glück findest du sogar ein kleines Stück Speck darin. Dazu gibt es wieder dünnen Tee, manchmal aber sogar Milch.“
„Auch am Nachmittag gönnt man uns eine kleine Pause, dann gibt es wieder Schwarzbrot mit Belag und etwas zu Trinken, anschließend geht es weiter mit der Arbeit bis die Dämmerung hereinbricht. Danach werden wir in die Hütte zurückgebracht, essen noch einmal und werden dann an den Betten angekettet, aber das hast du ja schon selbst gesehen.“
„Gibt es denn nicht einen freien Tag in diesem verfluchten Moor?“ wollte Anja wissen.
„Aber sicher, Sonntags darf nicht gearbeitet werden, das ist aber auch der einzige Tag in der Woche. Jedenfalls dürfen wir uns am Sonntag waschen, doch danach kommt schon die Abstrafung.“
„Was soll das denn nun wieder bedeuten, was für eine Abstrafung?“  „Na hör mal, du wärst doch nicht hier, wenn du nicht mindestens einen Fluchtversuch unternommen hättest, also hat dir der Pastor doch bestimmt für jeden Sonntag eine Prügelstrafe verhängt oder nicht?“
„Doch, das stimmt, dieser Himmelskomiker hat mir für jeden Sonntag 25 Schläge aufgebrummt.“ „Tja,“ meinte Ilona, „und was sonst die Düring gemacht hat, erledigt hier die Bültena, und ich kann dir sagen, sie schlägt verdammt hart zu.“ „Und ich hatte schon gehofft endlich von den Schlägen abzukommen.“ stöhnte Anja.
„Was passiert denn nach der Abstrafung?“ wollte sie von Ilona wissen. „Nichts, wir haben den ganzen Tag in der Hütte zu bleiben, das ist alles.“ „Wie lange machst du das schon mit?“ „Ich bin nun schon fast 10 Monate hier, wenn ich weiterhin keinen Ärger mache, könnte ich in ungefähr 2 Monaten hier wegkommen.“
„Hast du ein Glück, dann bist du ja bald wieder zu Hause.“ „Du hast wirklich keine Ahnung, wenn ich hier wegkomme, habe ich erst noch ein ganzes Jahr bei einer Familie zu arbeiten, erst dann, und auch nur bei guter Führung, darf ich das Land der alten Dörfer verlassen.“
„Dann lass uns doch gemeinsam abhauen.“ schlug Anja vor, doch Ilona wollte davon nichts wissen, es wäre noch nie jemand gelungen durch das Moor zu entkommen, das zu versuchen wäre der reinste Selbstmord.
Während Ilona die Augen zufielen konnte Anja noch nicht schlafen, sie musste das Gehörte erst einmal verarbeiten. Für den nächsten Tag nahm sie sich vor alles genau zu beobachten, irgendwas würde ihr schon einfallen, um dieser Sklaverei zu entgehen.
Früh am nächsten Morgen begann ihr erster Arbeitstag, er lief tatsächlich genau so ab, wie Ilona ihr es erzählt hatte. Niemals hätte sie gedacht, dass die Arbeit im Moor so schwer sein würde, als sie am Abend zurück in der Hütte waren hätte sie am liebsten auf das Essen verzichtet und sich gleich hingelegt, doch musste sie sich wohl oder übel zusammen mit Ilona auf die Bank setzten, schließlich wollte die nicht auf ihr Essen verzichten.

Auch die Vorhersage, dass die Bültena einen Lederriemen mit harter Hand führen konnte, bewahrheitete sich zu Anjas großem Leidwesen, dagegen waren die Schläge von der Düring die reinsten Streicheleinheiten gewesen.

Schon nach wenigen Tagen hatte sie begriffen, dass es aus dem Moor keine Flucht geben würde, ihre einzige Möglichkeit, dieses Elendslager wieder zu verlassen lag darin, nicht aufzufallen und keinen Ärger zu machen.

Lang zogen sich die Wochen dahin, endlich gab es den ersten Frost und das Torfstechen wurde eingestellt, doch das bedeutete nicht, dass die Mädchen nicht mehr arbeiten mussten. Jetzt von ihnen bekam ein hölzernes Gestell auf den Rücken, dass mit Torf beladen wurde, zusätzlich hatten sie eine bis oben hin mit Torf voll gepackte Karre zu schieben. Dreimal am Tag fand dieser Torftransport statt, wobei das Wetter keine Rolle spielte, ob Regen oder Schnee, immer wurde der Torf in das Dorf gefahren.

Auch wenn sie in der ersten Zeit dachte, dass sie diese Tortur nicht überstehen würde, Anja hielt sich tapfer. Inzwischen verfluchte sie ihre Dummheit mit den beiden Fluchtversuchen, sie hatte es bei dem Bauern de Fries wirklich nicht schlecht gehabt. Falls sie eines Tages wirklich mal aus dem Moor herauskommen sollte, war es auch noch nicht sicher, ob sie in einer guten Familie unterkommen würde, aber so schlimm wie hier war würde es dort bestimmt nicht werden.


Teil 41

Die nächsten zwei Tage verbrachte Monika damit, ihre alten Freunde und Bekannten aufzusuchen. Sie wurde überall mit großem Hallo begrüßt und sollte natürlich berichten, wo sie die ganze Zeit gesteckt hätte, aber sie erzählte immer nur, dass sie auf dem Land gearbeitet hätte, um sich von Nikotin und Alkohol zu entwöhnen. Wenn es auch keiner ihrer Freunde laut sagte, so gingen sie doch alle davon aus, dass Monika eine Entziehungstherapie mitgemacht hatte, es jetzt aber nicht zugeben wollte.

Für Monika waren diese Besuche etwas seltsam, die Begrüßung war überall herzlich, doch nach kurzer Zeit ging ihr der Gesprächsstoff aus, sie hatte eben doch fast ein Jahr in einer ganz anderen Welt gelebt, in der fetzige Klamotten und irgendwelche Musikgruppen keine Rolle spielten. Viel wichtiger war gewesen, wie das Korn steht oder wie viel Mich die Kühe gaben, damit konnten ihre Bekannten aber nun wirklich nichts anfangen.

Doch die Zeit verging schnell, pünktlich zur abgesprochenen Uhrzeit traf sie zu ihrem Termin ein, nach einigen Voruntersuchungen und Blutproben wurde die von ihr gewünschte Operation durchgeführt. Bereits nach drei Tagen konnte sie die Klinik wieder verlassen, fuhr in ihr Elternhaus zurück und rief von dort aus Anwalt Meyerdirks an.

Der Anwalt hatte nicht damit gerechnet jemals wieder von Monika zu hören, so war er doch mehr als überrascht, als sie ihm mitteilte, dass sie für den Rest der abgemachten Zeit ins Land der alten Dörfer zurückkehren wolle.

Es wurde vereinbart, dass sie sich in drei Tagen in Lauwersoog einfinden würde, die Tjalk würde dann bereits auf sie warten. Die Wartezeit nutzte Monika, um noch einmal den Notar aufzusuchen und ihm ihre finanziellen Belange anzuvertrauen, auch sollte er sich um den Verkauf des Elternhauses kümmern.

Drei Tage später ging Monika, die jetzt wieder die gleichen Kleider trug wie auf der Hinreise, an Bord der Tjalk, auch Anwalt Meyerdirks war da und begrüßte sie ausgesprochen herzlich. Kaum hatte das Schiff den Hafen verlassen, als Monika den Anwalt um eine Unterredung bat. Meyerdirks machte den Vorschlag, sich unten in die Messe zu setzen, dort wären sie ungestört, außerdem wäre es dort wesentlich wärmer als an Deck.

Zwei Stunden dauerte das Gespräch, von dem Meyerdirks einerseits sehr angetan war, anderseits sah er fast unlösbare Probleme auf Monika und sich selbst zukommen, jedenfalls war die Situation für ihn vollkommen neu. Immerhin versprach er, sein Bestes zu tun, um Monika bei ihrem Vorhaben behilflich zu sein.

Am frühen Nachmittag ankerte die Tjalk, wie auf der ersten Hinfahrt wurde das Beiboot ausgesetzt und zwei Männer der Besatzung ruderten Monika und Meyerdirks an den Strand, von wo aus sie über den Deich gingen und den Ortvorsteher von Texlum aufsuchten. Der ließ sofort die Pferde vor Meyerdirks Kutsche anspannen und die Beiden machten sich auf den Weg nach Andersum.

Endlich auf dem Hof von Wattjes angekommen gab es eine stürmische Begrüßung, die Kinder kamen aus dem Haus gerannt und fielen Monika um den Hals, Fenna, die Älteste der Kinder, wollte sich gar nicht mehr beruhigen und rief lautstark: „Moder, Moder, kum flink no buten, Monika is wer terug (Mutter, Mutter, komm schnell nach draußen, Monika ist wieder da).

Auch Frau Wattjes war die ehrliche Freude über das Wiedersehen anzumerken, kräftig schloss sie Monika in ihre Arme und sagte: „Ich habe es doch gewusst, dass du wiederkommen würdest.“ Erst jetzt wurde Meyerdirks von Frau Wattjes mit reichlichen Entschuldigungen begrüßt, über die Wiedersehensfreude habe sie jedes gute Benehmen vergessen, meinte sie.

Doch Meyerdirks meinte: „Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, liebe Frau Wattjes, schließlich sieht man nicht alle Tage eine so herzliche Begrüßung, in der Tat, nicht alle Tage.“ Selbstverständlich wurde nun erst einmal nach Friesenart Tee getrunken, und da es sowieso Vesperzeit war, wurde der Tisch (nicht zuletzt wegen Meyerdirks, dessen gesegneter Appetit bekannt war) reichlich gedeckt: Frisches Brot, hausgemachte Butter, Wurst, Käse und Schinken.

Der Anwalt ließ sich auch nicht lange nötigen und langte kräftig zu, während Monika kaum zum Essen kam, sie musste von ihrer Fahrt in die Welt berichten. Mit einem Mal ging die Tür auf und Bauer Wattjes kam herein, Monika sprang auf und fiel auch ihm um den Hals. „Da hat meine Frau doch mal wieder recht behalten, sie hat die ganze Zeit über gesagt, dass du wiederkommen würdest, und ich freue mich, dass sie recht behalten hat.“ lachte er sie an.

Nachdem Meyerdirks sich den Bauch vollgeschlagen hatte, machte er sich auf den Rückweg, hatte aber zum Abschluss noch eine gute Nachricht für Monika: „Nun, meine liebe Monika,“ sagte er salbungsvoll wie immer, „ich denke, in Deinem speziellen Fall können wir auf Fußfesseln und Laufkette verzichten, wer freiwillig hierher zurück kommt, hat an einer Flucht ja wohl kein Interesse.“

Monika bedankte sich herzlich bei dem Anwalt, der sich jetzt verabschiedete und von Wattjes zu seiner Kutsche gebracht wurde. Bevor er losfuhr sagte er zu dem Bauern: „Diese Monika ist in der Tat ein sehr beachtenswertes Mädchen,  ja, in der Tat, sehr beachtenswert, und ich glaube, sie hat noch einige Überraschungen für uns parat.“ Nach diesen rätselhaften Worten ließ er die Pferde antraben, Wattjes stand auf seinem Hof, kratzte sich am Kopf und fragte sich, was um aller Welt der Anwalt damit andeuten wollte.


Teil 42

Am gleichen Abend, die kleineren Kinder lagen schon in der Buzze, saßen die beiden Wattjes, Fenna und Monika am Küchentisch. Inzwischen hatte Monika schon ihre Geschenke verteilt, Buntstifte und Schokolade für die Kleinen, für Fenna und Swantje jeweils ein Seidentuch und für Eiso Wattjes ein neues Taschenmesser. Nun berichtete sie ausführlich über die Fahrt zur Beerdigung ihrer Eltern, von dem Verhalten ihrer Verwandtschaft, vom ehemaligen Freundeskreis, doch von der Erbschaft erwähnte sie vorläufig nichts.

Auch wurde darüber gesprochen, dass Monikas Zeit im Land der alten Dörfer fast vorüber war, Mitte April würde sie ihre Zeit abgedient haben. Fenna sah sie traurig an und fragte: „Warum bleibst du nicht einfach hier?“  Doch Swantje Wattjes meinte, dass das nicht so einfach wäre, so einen Fall hätte es ihres Wissens bisher noch nicht gegeben, da würde der Rat sich bestimmt weigern.

Monika ließ vorsichtig anklingen, dass sie sich auf der Fahrt hierher mit Meyerdirks über dieses Thema unterhalten hätte, unmöglich wäre es nicht, wenn auch nicht einfach. „Hast du wirklich vor, hier im Land der alten Dörfer zu bleiben?“ fragte Swantje Wattjes überrascht. „Wenn alle damit einverstanden sind, dann möchte ich das wirklich.“ gab sie zurück.

„Was hat Anwalt Meyerdirks denn nun genau gesagt?“ wollte Eiso Wattjes wissen. So gut sie es behalten hatte wiederholte Monika die Ausführungen des Anwalts: „Also, erst mal müsste
ich schriftlich bestätigen, dass es mein eigener Wunsch ist, hier zu leben, ist die Erklärung unterschrieben, gibt es kein Zurück mehr, dann muss ich nachweisen, dass ich noch Jungfrau bin („Was ich ja jetzt nach der Operation glücklicherweise wieder kann.“ dachte sie bei sich), ebenso habe ich mich von den Lehrern und dem Pastor prüfen zu lassen, ob ich das Wissen einer Schulabgängerin habe. Wenn dann die Frage der Mitgift geklärt ist, muss ich noch eine Familie finden, die bereit ist mich zu adoptieren.“

„Eiso Wattjes sah seine Frau an und meinte: „Das mit dem Adoptieren ist wohl das kleinste Problem, oder was meinst du, Frau?“ „Das sehe ich genau so, Monika ist für uns doch schon jetzt wie eine eigene Tochter, dann soll sie es auch auf dem Papier werden.“ Zu Monika gewandt meinte sie: „Also, auf uns kannst du zählen, wir würden uns alle freuen, wenn du zur unserer Familie gehören würdest.“

Doch noch bevor Monika sich bei den Wattjes bedanken konnte, kratzte Eiso sich am Kopf und meinte: „Die Sache mit der Mitgift bereitet mir allerdings Kopfzerbrechen, wo bekommen wir die her?“ Doch seine Tochter Fenna meinte seelenruhig: „Dann teilen wir die Mitgift für Wilma und mich einfach durch drei, dann gibt es doch kein Problem.“

Diesmal ließ Monika die anderen nicht zu Wort kommen und sagte: „Ich habe doch etwas geerbt, die Verwaltung von dem Geld übertragen wir Anwalt Meyerdirks, der hat sich bereit erklärt, sich darum zu kümmern.“ „Ja dann,“ sagte Eiso Wattjes, dem jetzt ein dicker Stein vom Herzen gefallen war, sah er doch seine kostbaren Ersparnisse bereits den Bach hinunterschwimmen, „dann ist doch alles klar, nun müssen wir nur noch mit dem Rat sprechen, ob auch der seine Einwilligung dazu gibt, aber darum werde ich mich gleich morgen selbst kümmern.

Wattjes hielt Wort, gleich am nächsten Vormittag ritt er nach Hohedörp und sprach mit dem Rat. Anfangs war der Rat nicht begeistert, auf den anderen Seite hatte sich Monika im Land der alten Dörfer einen guten Namen gemacht. Man verblieb so, dass die Ratsherren sich die Sache wohlwollend durch den Kopf gehen lassen sollten, die Entscheidung über die Aufnahme von Monika würde am kommenden Sonntag in der Kirche verkündet werden.

Wattjes war mit dem Erreichten zufrieden und ritt nach Andersum zurück, während sich die Ratsherren jeder für sich nach Hause zum Mittagessen zurückzogen. Allerdings ging es ihnen nicht nur um das Essen, wie inzwischen bekannt, holten sie sich bei ihren Frauen Ratschläge ein, wie sie in einer solch schwierigen Lage entscheiden sollten, was sie öffentlich natürlich nie zugeben würden.

Familie Wattjes lebte den Rest der Woche in gespannter Erwartung: Würden die Ratsherren den Antrag von Monika annehmen oder sich darauf  berufen, dass es so einen Fall in den ganzen Jahren noch nicht gegeben hatte? Der Rat hielt gerne am althergebrachten Regeln fest, neue Sitten und Gewohnheiten mochten sie absolut nicht leiden.

Am Sonntagmorgen war die Spannung im Haus der Wattjes schon fast greifbar, und auch wenn Eiso Wattjes behauptete, ihn könne das nicht aufregen, so hatte er doch schon eine Viertelstunde vor der Zeit die Pferde angespannt und drängte zum Aufbruch.

Als sie auf dem Dorfplatz von Hohedörp ankamen, wurden gerade die ersten Kettenmädchen in die Kirche geführt und angebunden, das Geklirre ihrer Fußketten wurde von dem beginnenden Glockengeläut übertönt.  Nun kamen auch schon andere Gemeindemitglieder, teils zu Fuß, teils mit Kutschen, auf dem Dorfplatz an.

Langsam und feierlich schritten die Leute in ihren alten friesischen Trachten in das Kirchenschiff, um auf den Bänken Platz zu nehmen. Die Glocken wurden leiser und die Orgel stimmte einen Choral an. Der Pastor stieg auf die Kanzel, begrüßte die Gemeinde, verkündigte wie immer, welche Mädchen zur Abstrafung gebracht werden sollten.

Doch anstatt danach mit dem Gottesdienst zu beginnen, hielt er noch eine Ansprache: „Liebe Gemeinde, heute ist ein ganz besonderer Tag, denn zum ersten Mal in der Geschichte im Land der alten Dörfer hat eines der uns anvertrauen Mädchen den Wunsch geäußert, für immer bei uns bleiben zu wollen.“

Während der Pastor der Gemeinde die Angelegenheit erklärte, klopfte Monika das Herz bis zum Hals, vor Nervosität war ihr ganz schummerig und sie konnte der Rede des Pastors kaum folgen, doch auch dem erwachsenen Rest der Familie Wattjes erging es nicht viel besser.

Was sollte mit ihr werden, wenn die Gemeindemitglieder sie nicht in ihre Reihen aufnehmen wollten, innerhalb von kürzester Zeit würde sie ihr neugefundenes Zuhause verlassen müssen, und wo sollte sie dann hin, sie hatte doch niemanden mehr!

„Ich rufe auf das Mädchen der Familie Wattjes!“ dröhnte die gewaltige Stimme des Pastors durch die Kirche, jetzt war der Moment der Entscheidung gekommen, langsam erhob sie sich und stand mit gesenktem Kopf da, ihren Schicksalsspruch erwartend.

„Monika, Mädchen der Familie Wattjes, der Rat und die Gemeinde haben Deinen Antrag zur Kenntnis genommen, und wir sind zu einer Entscheidung gekommen.“


Teil 43            Anja in Moorum 5

Alle acht der ins Moor verbannten Frauen hatten den Winter mehr oder weniger gut  überstanden,  die ersten warmen Sonnenstrahlen des Jahres lösten langsam die Kälte, die ihnen tief in den Knochen saß. Sie bauten zwar selbst den Torf ab, bekamen aber für ihre Hütte nur wenig Brennmaterial zugeteilt.

In dem letzten halben Jahr hatte sich in der Strafkolonie einiges verändert, so waren jetzt auf dem Weg in das Dorf, der einzige schmale Zugang zu Moorum, zwei scharfe Schäferhunde an einer langen Laufleine postiert worden, dadurch wurde jeder Gedanke an eine Flucht schon im Keim erstickt.

Man hätte jetzt durchaus auf die Ketten und Eisenkugeln bei den Frauen verzichten können, denn sie waren, bis auf diesen einen Weg, von dem undurchdringlichen Moor eingeschlossen, aber es gehörte mit zur Strafe, die Frauen leiden zu lassen.

Selbst Anja dachte nicht mehr daran einen Fluchtversuch zu unternehmen, inzwischen sah die Ausweglosigkeit eines solchen Unternehmens  ein, vielmehr dachte sie jetzt oft an die Familie de Fries, bei der sie die erste Zeit im Land der alten Dörfer verbracht hatte. Die ersten Gedanken gingen immer zu dem knusprig gebratenen, geräuchertem Bauchspeck mit Spiegeleiern, oder auch an das frischgebackene, noch warme Rosinenbrot, dick mit Butter bestrichen.

Aber noch mehr fehlte ihr die Zuneigung, die Hanna de Fries ihr entgegengebracht hatte, die hatte es wirklich gut mit ihr gemeint, und sie war so dumm gewesen, die gesamte Familie zu enttäuschen, was für ein verdammtes Leben hatte sie sich dafür nur eingehandelt.
Doch für Anja wurde es nur noch schlechter anstatt besser: Ilona wurde aus der Strafkolonie entlassen und hatte jetzt nur noch ein Jahr bei einer Bauernfamilie zu arbeiten.

Da es in der Zwischenzeit keinen Neuzugang gegeben hatte, waren auch nach Ilonas Entlassung  noch 7 Frauen als Kettensträflinge in der Hütte, das hatte für Anja zur Folge, dass sie an ein bestehendes Zweiergespann angekettet wurde. Nicht nur sie selbst, auch die anderen Frauen waren davon nicht begeistert. Alleine schon zu zweit angekettet sein war eine harte Sache, nun mussten sie zu Dritt auf einem Lager schlafen, und genauso mussten alle zusammen aufstehen, wenn sich eine erleichtern wollte.

Das Wetter wurde besser, also ging es wieder los mit dem Torfstechen. Die Aufseherin Bültena war mit dem Dreiergespann nicht zufrieden, was aber weniger an der Arbeitsbereitschaft der drei zusammenkettenden Frauen, sondern mehr als an ihrer Unbeweglichkeit lag. Kurz entschlossen änderte Bültena die Arbeitseinteilung, eine der drei Frauen wurde jeweils von dem Gespann erlöst, musste dafür aber im bei der Hütte bleiben und sämtliche Arbeiten erledigen, zu dem das Kochen der Mahlzeiten genau so gehörte wie das Entleeren der Fäkalieneimer, von anderen Arbeiten gar nicht erst zu sprechen.

Jedenfalls wurde das Essen nun besser, jede von den Dreien gab sich die größte Mühe, aus dem vorhandenen Material das Beste zu machen. Baute eine von ihnen mal Mist, hatte sie den Ärger und Zorn der anderen sechs Verurteilten zu fürchten. Die Bültena war mit dieser Lösung auf jeden Fall zufrieden, sparte sie sich doch die Entlohnung für die beiden alten Frauen, die sonst die Arbeit gemacht hatten.

Ausgerechnet Anja, die in früheren Zeiten mal gerade eine gefrorene Pizza aufbacken konnte, entwickelte sich zu einem richtigen Kochtalent. Sie schaffte es immer öfter, aus den ihr zugeteilten Lebensmitteln ein richtig leckeres Essen zu kochen. Ihre Kochkunst entwickelte sich soweit, dass sogar die Bültena sich am Essen beteiligte, was zur Folge hatte, dass sich die Zutaten für alle vermehrten, denn die Aufseherin wollte auf ein tüchtiges Stück Fleisch nicht verzichten, also wurde das eine oder andere Huhn geschlachtet, oder es gab auch mal ein Hauskaninchen. Anja war clever genug, gut für ihre Leidensgenossinnen zu sorgen, die es ihr damit dankten, dass sie ihr soviel Arbeit wie möglich abnahmen.

Nach weiteren zwei Monaten brauchte Anja nicht mehr in das Moor um Torf zu stechen, sie hatte sich nur noch um das leibliche Wohl von Bültena und ihrer Leidensgenossinnen zu kümmern, was ihr wesentlich besser gefiel als die schwere körperliche Arbeit.

So hatten sich die Verhältnisse in dem Lager für alle um einiges verbessert, sogar die sonst sprichwörtlich schlechte Laune der Bültena lockerte sich etwas auf. Als die Aufseherin nach einem (jedenfalls für sie) reichlichen Essen zufrieden gerülpst hatte, wagte Anja es, sie anzusprechen: „Entschuldigen Sie bitte, Frau Bültena, dürfte ich Ihnen eine Frage stellen?“

„Was willst du wissen?“ fragte sie zurück. „Können Sie mir sagen, bei welcher Familie Ilona jetzt arbeitet?“ „Natürlich weiß ich, wo sie untergekommen ist, dass werde ich dir aber nicht auf die Nase binden, nicht nur, weil es dich nichts angeht, sondern weil du dann vor Neid zerfressen werden würdest, und schließlich brauche ich dich hier noch, wer sollte denn sonst kochen.“



Teil 44

„Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen, denn einen ähnlichen Fall haben wir noch nie gehabt. Nun, liebe Gemeinde, werdet Ihr Euch fragen: Kann es überhaupt gut gehen, wenn ein Mädchen aus der Welt Mitglied in dieser unserer Gemeinde sein möchte? Ist sie nicht schon zu sehr den Verlockungen erlegen gewesen, kann sie auf Dauer ein bescheidenes und gottesfürchtiges Leben führen, ja, liebe Gemeinde, was für Beweggründe kann sie haben?“

In der Kirche wurde es etwas unruhig, denn damit hatte der Pastor genau den Punkt angesprochen, den viele nicht verstehen konnten, denn zuerst hatte sich dieses Mädchen mit Händen und Füßen gewehrt, hatte sogar Frau Düring tätlich bedroht. Sollte sie sich in diesem Jahr wirklich so geändert haben, oder was waren ihre wahren Gründe, um im Land der alten Dörfer leben zu wollen?

Der Pastor sah sich durch das Raunen in seiner Ansprache gestört und blickte streng auf die Kirchenbesucher, die sofort wieder still wurden. Erst da setzte der Seelsorger seine Ansprache fort: „Der Rat, der Bürgermeister und ich haben beschlossen, dem Mädchen Monika ein Probejahr einzuräumen. In dieser Zeit hat sie den bei uns gültigen Schulabschluss nachzuholen, auch wird sie im Falle einer Aufnahme genau wie alle unsere Mädchen und Jungen eine Probezeit außerhalb unserer Gemeinde absolvieren müssen. Die Familie Wattjes hat sich bereit erklärt, Monika zu adoptieren, so ist also auch für ihre Unterkunft und Verpflegung gesorgt. Und nun, liebe Gemeinde, beginnen wir mit unserem Gottesdienst.“

Nach dem Kirchgang stand Familie Wattjes zusammen mit Monika auf dem Dorfplatz, um noch, wie jeden Sonntag, Neuigkeiten auszutauschen, doch diesmal sollten sie nicht viel erfahren, denn dauernd kamen Leute, um Monika zu ihrem Entschluss zu gratulieren, allen voran die Schmiedeleute Düring, gefolgt von den Nachbarn de Fries, der Frau des Bürgermeisters und vielen anderen mehr.

Wieder auf dem Hof der Wattjes angekommen, kümmerten sich die Frauen um das Mittagessen, anschließend wurde besprochen, was nun als erstes zu tun wäre. Schnell wurden sie sich darüber einig, dass Monika sich als erstes um die Schulprüfung kümmern sollte.

Fenna holte ihre Schulbücher hervor und gab sie Monika, damit sie sich einen Überblick verschaffen konnte. Bei den meisten Fächern hatte Monika keine Bedenken, für die Prüfungen in Deutsch und Rechnen brauchte sie ganz bestimmt nichts tun, auch was das Fach Geschichte anbelangt sah sie keine Probleme, da sich der Stoff, der überwiegend von der Entwicklung vom Land der alten Dörfer selbst und von den befreundeten Gemeinden handelte, schnell zu lernen war. Wesentlich schwieriger war für sie das Fach Religion, auf das hier großen Wert gelegt wurde, bevor sie hierher kam, hatte sie sich (außer in der Schule) mangels Interesse überhaupt nicht mit dem Thema beschäftigt.

Die schulischen Leistungen würden vom Lehrer geprüft werden, doch die Kenntnisse der Religion würden vom Pastor hinterfragt werden, der in dieser Angelegenheit ziemlich streng war. Es wurde beschlossen erst die schulische Prüfung abzulegen, dann hätte sie die erste Hürde hinter sich und könnte sich voll auf die Religion konzentrieren.

Zur Feier des Tages bereitete Swantje am Abend noch Mehlpüt zu, einen Hefekloß, der in einem Leinentuch über Wasserdampf gargezogen wird, dazu gab es Zucker und zerlassene Butter.

Später am Abend lagen Fenna und Monika in ihrer Buzze und unterhielten sich noch leise, Fenna erzählte ihr Geschichten von Mädchen, die ihre Bewährungszeit bereits hinter sich hatten und ihr von dem Erlebten berichtet hatten. Für manche war es eine schwere Zeit gewesen, andere schwärmten in den höchsten Tönen von der schönen Zeit, die sie dort verbracht hätten. Irgendwann schliefen die Beiden ein und träumten von der Zukunft.

Am nächsten Vormittag, die Kinder waren zur Schule und Eiso Wattjes reparierte Zäune auf einer Weide, kam wie immer um die gleiche Zeit der Milchwagen mit den leeren Kannen von Hohedörp zurück. Bei jedem Haus hielt er an und stellte die Milchkannen in die Hofeinfahrt, so auch bei Wattjes. Swantje und Monika kamen gleich aus der Küche heraus um die Kannen hereinzuholen, da sahen sie auf der Ladefläche des Ackerwagens ein Kettenmädchen sitzen. Als der Wagen bei dem Hof der de Fries hielt, lud der Kutscher erst die Kannen ab, löste die Halskette des Mädchens und führte sie zu dem Haus.

Da kam auch schon Hanna aus der Tür, der Kutscher grüßte und übergab die Kette des Mädchens mit folgenden Worten: „Da ihr mit dem letzten Mädchen kein Glück hattet, wurde vom Rat beschlossen, euch dieses Mädchen anzuvertrauen. Sie war über ein Jahr in Moordorf und hat noch mindestens ein Jahr zu arbeiten, bei der kleinsten Verfehlung wird sich ihre Zeit verlängern, so soll ich es euch vom Rat ausrichten.“ Er grüßte noch mit einem kurzen „Moin“ und ging zu seinem Gespann zurück, um auch die restlichen Kannen noch im Dorf zu verteilen.

Das Mädchen stand mit gesenkten Augen vor ihrer neuen Herrin, sie wagte nicht aufzublicken, bevor sie angesprochen wurde. Hanna, die seit ihrer schlechten Erfahrungen mit Anja nicht mehr ganz so vertrauensselig war, sagte zu ihr: „Mein Name ist de Fries, wie du dich zu verhalten hast, dürftest du, wenn du schon in Moordorf gewesen bist, wohl wissen.“

„Ja, Frau de Fries.“ sagte sie und machte den vorgeschriebenen Knicks. Hanna forderte sie auf, die Eisenkugel an ihrer Fußfessel hochzunehmen und zog das Mädchen an der Kette in den Stall, befestige die Kette mit einem Schloss an einem in der Wand eingelassenen Eisenring und meinte: „Deine Ankunft war nicht angemeldet worden, darum habe ich im Moment auch keine Zeit für dich, aber hier im Stall bist du ja gut aufgehoben.“ Eine Antwort nicht mehr abwartend drehte sie sich um, und ließ das Mädchen alleine im Stall zurück.

Wieder am Herd stehend (heute mittag sollte es „Döörstamt Wuddels un pökelt Isbeen“  (durchgestampfte  Karotten und Kartoffeln mit gepökeltem Eisbein) geben, und sie hatte schon Bedenken gehabt, das ihr das Essen angebrannt wäre, doch ihre Mutter hatte ein wachsames Auge auf den Eintopf gehabt.   

„Der Rat hat uns ein neues Mädchen schicken lassen, der Milchkutscher hat sie gerade bei uns abgeliefert.“ erzählte sie ihren Eltern. Wir haben dich mit ihr am Fenster vorbeilaufen sehen, weißt du, wo sie herkommt?“ wollten die Alten wissen.

Das einzige, was ich euch sagen kann ist, dass sie das letzte Jahr in Moordorf verbracht hat, mehr weiß ich im Moment auch nicht.“ Ihr Vater rieb sich nachdenklich das Kinn und meinte: „Hoffentlich haben wir mit der etwas mehr Glück als mit der letzten.“ Ihre Mutter aber meinte: „Keines der Mädchen, das zur Strafe in den Torf musste, hat sich danach noch einmal schlecht benommen, warum sollte es bei dieser hier anders sein.“

„Wollen wir es hoffen,“ sagte Hanna, „sonst ende ich hier noch als alte Jungfer, weil ich nie Gelegenheit bekomme, meine Bewährungszeit hinter mich zu bringen.“

Währenddessen saß das Mädchen nachdenklich im Stall, hier war es durch die Tiere zwar angenehm warm, dafür war der Empfang bei dieser Bauernfamilie aber auch ziemlich kalt gewesen. „Das ist allein Anjas Schuld,“ dachte sie Ilona bei sich, „die Leute hier sind jetzt bestimmt sauer auf alle Kettenmädchen, und wenn diese Frau de Fries, die mich hier in den Stall gebracht hat, die nette und verständnisvolle Hanna sein soll, von der Anja mir erzählt hat, möchte ich ihren Bruder Wilko de Fries lieber gar nicht erst kennenlernen!“

Am späten Nachmittag kam der Jungbauer von der Arbeit zurück, aber erst nach der Vesper wurde ihm von dem neuen Mädchen erzählt, schließlich wollte ihm keiner den Appetit verderben. „So, so, sieh mal einer an, der Rat ist ja richtig tüchtig.“ meinte er nur, stand auf und ging in den Stall, um sich das neue Mädchen einmal anzusehen.

Ilona war durch die ungewohnte Wärme in dem Stall in einen leichten Schlaf gefallen, so hatte sie nicht mitbekommen, dass Bauer Wattjes mit einem Mal vor ihr stand. Wach wurde sie erst, als der laute Befehl: „Aufstehen!“ kam. Trotz ihrer Ketten sprang sie wie ein Wiesel auf ihre Füße, mit klopfendem Herzen und gesenktem Blick wartete sie auf weitere Befehle, doch de Fries brummte nur: „Na, ja!“ und ging in die Küche zurück, um mit seiner Familie die nächsten Schritte abzuklären, die wegen des neuen Mädchen unternommen werden mussten.


Teil 45

Wie überall, wurde auch bei de Fries in aller Herrgottsfrühe gefüttert und gemolken, wobei Hanna und Wilko das neue Mädchen, dass immer noch im Stall angekettet war, nicht beachteten. Erst nach der morgendlichen Arbeit brachte Hanna Tee und belegte Brote in den Stall, Familie de Fries hatte sich vorgenommen, mit dem neuen Mädchen wesentlich strenger umzugehen als mit ihrer Vorgängerin.

Für Ilona waren der starke Tee und die gut belegten Brot das reinste Festmahl, wenn sie da an den schlabberigen Tee und das alte Brot im Torflager dachte, hatte sich ihre Lage doch wesentlich verbessert, auch wenn ihr der Jungbauer ziemlich Angst einjagte.
Später am Morgen kam Hanna de Fries mit einer anderen Frau in den Stall, ihre Kette wurde gelöst, sie hatte wieder ihre Eisenkugel hochzunehmen und wurde in die Melkkammer geführt. Während die Jungbäuerin mit zwei Eimern in die Küche ging, fing die andere an, ihr das Kleid, wenn ein verdreckter Putzlumpen so genannt werden kann, auszuziehen. Frau de Fries kam zwei Eimern heißem Wasser zurück und meinte zu der anderen Frau: „So, Monika, dann wollen wir aus diesem Moorhuhn erst mal wieder ein sauberes Mädchen machen.

Während Ilona von den Frauen mit Wasser, Seife, Lappen und Bürste bearbeitet wurde, bis ihre Haut schon fast rot war, überlegte sie, ob diese Monika das Kettenmädchen war, von der Anja gesprochen hatte, aber das konnte nicht sein, denn sie trug außer einem wunderschönen Halsreif, der aber nur Schmuck sein konnte, keine Fessel. Auch legte sie nicht das unterwürfige Verhalten, dass einem Kettenmädchen eigen war, an den Tag, im Gegenteil, diese Monika und die Frau de Fries schienen eher Freundinnen zu sein.

Nachdem auch die Haare gewaschen und mit einem Handtuch einigermaßen getrocknet waren, bekam sie ein einfaches Kleid übergezogen, in dem sie sich aber wie eine Königin vorkam. Alleine schon das Gefühl der Sauberkeit löste Dankbarkeit in ihr aus, doch als sie dann in die Küche geführt, den alten de Fries vorgestellt und sich zur Vormittagsvesper mit an den Tisch setzen durfte, fühlte sie sich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder als ein Mensch.

Sie fing gerade an sich etwas zu entspannen, als Wilko de Fries in die Küche kam. Mit einem Satz sprang sie von der Bank hoch, senkte ihren Blick auf den Boden und wagte kaum zu atmen. Wilko blieb einen Meter vor ihr stehen und sagte: „Sieh mich an!“ Ilona schaute in die Augen des Bauern und wartete stumm.

„Jetzt hör gut zu, Mädchen. Wir sind keine Unmenschen, wir wollen dir auch nichts Böses, aber wir erwarten von dir, dass du dich anständig verhältst und hart arbeitest. Wenn du dich daran hältst, sollst du es bei uns gut haben, wenn du uns aber wie Deine Vorgängerin enttäuschst, bist du schneller als der Blitz zurück in Moorum, ist das klar?“

„Jawohl, Herr de Fries!“ und wieder der tiefe Knicks, „ich verspreche Ihnen, dass ich mich anständig führen werde, sie können sich darauf verlassen.“ „Wenn das so ist, „sagte er aufgeräumt, „dann lass uns jetzt mit der Vesper anfangen.“ Ilona zögerte noch, aber Hanna gab ihr ein Zeichen, dass sie sich ruhig hinsetzen dürfe.

Beim Anblick der auf dem Tisch liegenden, deftigen Köstlichkeiten, wie geräucherten Schinken, Käse, Mett- und Pümmelwurst, (Pümmelwurst ist eine ostfriesische Spezialität) Leber- und Rotwurst, eingelegte Gurken und Kürbisse, eine große Schale mit Butter, dazu dann Schwarz,- Weiß- und Graubrot,  und  lief Ilona zwar das Wasser im Mund zusammen, aber sie zu ängstlich, um sich von diesen Herrlichkeiten etwas zu nehmen.

Erst als der alte de Fries sagte: „Jetzt fang aber an zu essen, Mädchen, ohne etwas im Bauch kannst du schließlich auch nicht arbeiten.“ und Wilko de Fries ihr aufmunternd zunickte, fing sie an, sich zu bedienen. Das Beste für sie war frisches Weißbrot, dick mit Butter bestrichen und mit Käse belegt, das  sie so andächtig aß, als wenn ein Meisterkoch ein Deichlammbraten im Kräutermantel für sie zubereitet hätte.

Wieder fing sie gerade an sich etwas wohler zu fühlen, als Wilko meinte, dass es nun Zeit wäre nach Hohedörp zum Schmied zu fahren. Bei Ilona klingelte sofort eine innere Alarmglocke, den Schmied hatte sie in keiner guten Erinnerung. Schon zehn Minuten später hatte der Bauer die Pferde vor den Wagen gespannt und Hanna kam mit Ilona nach draußen.
Nachdem Wilko erst die Eisenkugel und dann Ilona auf den Wagen gehoben hatte, befestigte er ihre Halskette an einem Ring, währenddessen  Hanna es schon wieder nicht lassen konnte, fürsorglich zu werden und dem Mädchen eine Decke umzulegen.

Schweigend verlief die Fahrt nach Hohedörp, während Wilko daran dachte, dass es für ihn so langsam Zeit würde sich eine Braut zu nehmen, fragte Ilona sich, was der Schmied diesmal mit ihr anstellen würde.

Zum Glück regnete es an diesem Tag im April nicht, so kamen sie trocken in Hohedörp an. Die Kette lösen und das Mädchen von dem Wagen herunterheben war eine Sache von wenigen Sekunden, und ehe Ilona sich versah, stand sie schon wieder einmal in der ihr so schlecht in Erinnerung gebliebenen Schmiede.

In der Werkstatt war außer dem Schmiedemeister Düring auch noch seine Frau anwesend, die Ilona mit einem abschätzenden Blick musterte, sie hatte schon zu viele von den Mädchen erlebt, die während der Behandlung ihres Mannes in Panik geraten waren.

Zuerst wurde ihr die Armkette, die auch durch den Halsreif lief, entfernt, dann hatte
Ilona sich beim Amboss niederzuknien, wurde aufgefordert ihr Halseisen festzuhalten, und schon begann Düring auch schon damit, den Eisenstift aus dem Halseisenscharnier herauszuarbeiten. Bei jedem Schlag mit dem Hammer dröhnte Ilonas Kopf, der Schmied geriet langsam in Schweiß, dann endlich fiel der Eisenstift aus dem Scharnier heraus.

Im gleichen Augenblick war Frau Düring zur Stelle und strich ihren Hals mit einer Salbe ein. Noch ehe Ilona nach über einem Jahr ihren Hals befühlen konnte, wurde ihr schon wieder ein Halsreif umgelegt. Auch jetzt kam wieder die gleiche Prozedur, der Schmied verschloss den Reif mit einem glühenden Eisenstift, aber immerhin legte er ein Stück Leder an ihren Hals, um ihr durch die Funken keine unnötigen Schmerzen zu verursachen.

Die fest angeschmiedeten Arm- und Beinreifen wurden entfernt und durch abnehmbare Reifen ersetzt, auch der schwere Strafkeuschheitsgürtel wurde abgenommen und durch einen leichteren Gürtel ersetzt.

Als letzte Arbeit wurde wieder eine Kette an die Fußfesseln angeschlossen, auch legte der Schmied noch eine weitere Kette bereit, die im Bedarfsfall an den Handgelenken angeschlossen werden konnte.

Nachdem de Fries die Schlüssel für die Fesseln und den Keuschheitsgürtel bekommen hatte, verabschiedete er sich von den Schmiedeleuten, selbst Ilona machte unaufgefordert einen Knicks und ließ sich zu dem Wagen zurückführen.

Wieder wurde sie von ihrem Bauern auf den Wagen gesetzt und ihre Kette am Fahrzeug befestigt. Ilona störte das alles nicht, denn im Moment fühlte sie sich richtig gut: Gewaschen, frische Kleidung, ein voller Magen und endlich wieder leichtere Eisenfesseln, vor allen Dingen war sie jetzt die Eisenkugel los, die ihr das letzte Jahr über das Leben so schwer gemacht hatte.


Teil 46

Wieder in Andersum angekommen wurde Ilona an die Laufkette angeschlossen und die Fußfesseln wurden ihr abgenommen. Es war schon ein tolles Gefühl für sie, die Füße ohne das Gewicht von Fesseln und Kette bewegen zu können.

Hanna teilte ihr einfache Arbeiten zu, die für Ilona jedoch kein Problem waren, hatte sie vor ihrer Zeit in Moordorf schon über ein halbes Jahr bei einem anderen Bauern gearbeitet. Sie half Hanna bei der Zubereitung des Mittagessens, deckte den Tisch, ihr brauchte auch nur einmal gesagt werden, wo welche Sachen in den Schränken standen oder wie es gemacht werden sollte, dieses Mädchen erledigt willig alle Arbeiten.

Kurz nach dem Mittagessen, doch selbstverständlich erst nach dem Teetrinken, nutzte Hanna die Gunst der Stunde, um eben schnell bei Wattjes hereinzusehen, das konnte sie sich jetzt auch mal erlauben, ihre Arbeit blieb ja nun auch nicht mehr liegen.

Als sie zu Wattjes in die Küche kam, sah sie Monika schon wieder über den Büchern sitzen. „Du entwickelst dich zu einer richtigen Streberin.“ meinte Hanna zu ihr. „Lass man, ich glaube ich bin jetzt soweit, dass ich mich für Schulprüfung melden kann. Aber erzähl doch mal, wie du mit dem neuen Mädchen zurechtkommst.“

„Soviel ich bis jetzt sagen kann, macht sie sich ganz ordentlich, zumindest ist sie willig, hat eine schnelle Auffassungsgabe und redet nur, wenn sie angesprochen wird.“ „Normalerweise müsste sie doch auch Anja kennen, hat sie irgendetwas erzählt?“ „Nein, das nicht, aber ich habe sie auch nicht danach gefragt. Aber lass ihr noch ein paar Tage Zeit, dann werde ich mich mal schlau machen.“

Ein paar Tage später kam für Fenna der große Tag: Sie wurde aus der Schule entlassen und in den Kreis der Frauen aufgenommen. Vorher war Swantje schon mit ihr bei Frau Düring gewesen, um ihr den ersten Keuschheitsgürtel anmessen zu lassen. Zwei Tage vor dem großen Ereignis holte Wattjes stolz den ersten Tugendwächter für seine Tochter beim Schmied ab und brachte ihn seiner Frau, die ihn in eine Truhe legte.

Am Sonntagmorgen war es dann soweit: Fenna sollte zum ersten Mal ihren Gürtel umgelegt bekommen. Monika und Fenna waren schon in der Melkkammer, als Swantje den Gürtel hereinbrachte, der nun erst einmal prüfend betrachtet wurde. Doch der Schmied hatte wirklich saubere Arbeit geleistet, es gab nicht die kleinste Stelle zu bemängeln. Während Fenna sich die Wäsche auszog und Swantje sie mit der Salbe einrieb, strich Monika die Innenseiten des KG gründlich ein. Monika legte ihr den Taillengürtel um, Swantje zog das Schrittblech durch die Beine und ließ es in die Halterung einrasten, und hängte dann das Schloss ein, um zum ersten Mal ihre Tochter zu verschließen.

Dabei sagte sie die alten Worte, die von den Frauen von Generation zu Generation weitergegeben wurden:

Der Gürtel ist ein Zeichen der Fraulichkeit,
nun bist auch du dafür bereit,
trage ihn stolz und in Ehren,
niemals darfst du dich dagegen wehren.
Und bist du vermählt und hast einen Mann,
der nimmt den Schlüssel für dich an.
In der Hochzeitsnacht ist’s dann soweit,
dann wirst du von ihm aus dem Gürtel befreit,
Was danach passiert, das wirst du schon sehn,
folg nur dem Gefühl, du wirst schon verstehn,
Bleib immer arbeitsam, fromm, keusch und tüchtig,
dann, liebes Kind, machst du uns alle glücklich.

Nach diesen Worten drehte Swantje den Schlüssel des Schlosses um, zog ihn ab und steckte ihn in ihre Tasche. Fenna ließ den Rock fallen und Mutter und Tochter schlossen sich in die Arme, dann fiel Fenna Monika um den Hals. „Heut ist der schönste Tag in meinem Leben.“ rief sie ausgelassen.

Am liebsten wäre Fenna jetzt durch Andersum gelaufen und hätte jedem erzählt: Ich trage jetzt auch einen Keuschheitsgürtel, doch einmal gehörte sich das nicht, zum anderen wurde es nun Zeit nach Hohedörp zu fahren, denn die offizielle Zeremonie fand ja während des Gottesdienstes statt.

Der Rest der Familie wartete schon bei der Kutsche, als die drei Frauen aus dem Haus kamen. Fenna lief zwar etwas breitbeinig, hätte aber um keinen Preis der Welt zugegeben, dass das Tragen eines Keuschheitsgürtels doch gewohnheitsbedürftig ist. Den ersten Dämpfer bekam sie aber schon, als sie sich nach alter Gewohnheit auf die harte Bank fallen ließ, ein leises „Aua“ konnte sie sich nicht verkneifen.

In Hohedörp angekommen ging es gleich in die Kirche, die Familien setzten sich auf ihre angestammten Plätze, nur die schulentlassenen Mädchen und Jungen hatten vor der Kirche zu warten. Der Pastor stieg diesmal nicht auf die Kanzel, sondern blieb vor dem Altar stehen und sagte: „Zu meiner großen Freude ist heute keines der uns anvertrauten Mädchen zur Abstrafung gemeldet worden, wir können gleich mit unserem Gottesdienst beginnen. Als die Orgel anfing zu spielen, wurden beide Kirchentüren weit geöffnet und die Mädchen und Jungen kamen einer nach dem anderen langsam und feierlich in die Kirche, und stellten sich mit dem Gesicht zur Gemeinde in einer Reihe auf.

Für den Pastor war das mal wieder eine willkommene Gelegenheit, eine überlange Ansprache zu halten: Über die Unbeschwertheit der Jugend kam er zu den Sorgen der Eltern, sprach von der großen Verantwortung, die diese jungen Menschen ab heute zu tragen hätten, gab viele unnötige und überflüssige Ratschläge. Doch bevor er sich noch weiter auslassen konnte, hörte der Pastor seine Frau sich mehrmals kräftig räuspern, für ihn ein Zeichen, jetzt schnell mit seiner Ansprache ans Ende zu kommen.

Doch auch der Bürgermeister ließ es sich nicht nehmen noch ein paar passende Worte zu sagen, allerdings war schon fast alles vom Pastor erwähnt worden, so dass er sich (und die Gemeinde war ihm aufrichtig dankbar dafür) doch kurz fassen konnte.

Nach dem Gottesdienst traf sich alles auf dem Dorfplatz um den jungen Mitgliedern der Gemeinde zu gratulieren, bei den Jungs wurde dann die Hand extra stark gedrückt, oder es gab einen freundschaftlichen Schlag auf die Schulter, das musste so sein, denn sie gehörten ja nun mit zu den Männern, außerdem sollten sie diesen Tag in ihrem Leben nie vergessen.

Bei den Mädchen ging es wesentlich feinfühliger zu, jede Gratulantin nahm Fenna in den Arm und drückte sie, allerdings fühlte auch jede an ihre Taille, ob sie nun auch wirklich einen Keuschheitsgürtel trug. Das war im Land der alten Dörfer schon immer so gewesen, und Fenna gefiel diese alte Sitte, schließlich hatte sie lange genug auf ihren Keuschheitsgürtel warten müssen und war stolz darauf, ihn endlich tragen zu dürfen.

Auf der Rückfahrt nach Andersum war Fenna recht schweigsam, blickte mit verträumten Augen vor sich hin. Während Eiso Wattjes und der Rest der Familie davon ausgingen, dass sie jetzt einfach nur glücklich wäre, wussten Swantje und Monika es besser: Fenna hatte soeben den Vorteil eines eng sitzenden Schrittbandes erkannt.


Teil 47

Nur zwei Sonntage später gab es das nächste große Ereignis im Haus von Wattjes: Monika hatte ihre Strafzeit abgedient und sollte nun als ein Gemeindemitglied aufgenommen werden, wenn auch nur erst mal für ein Jahr auf Probe.

Vor ein paar Tagen war Anwalt Meyerdirks mit den Adoptionspapieren gekommen, nachdem er allen Beteiligten noch einmal klar gelegt hatte, dass es von diesem Schritt kein Zurück geben würde, hatten Wattjes und Monika unterschrieben. Nun mussten sie noch darauf warten, dass diese Unterlagen von einem Gericht in der Welt bearbeitet würden und sie eine schriftliche Bestätigung erhielten, doch Meyerdirks meinte, das er alles gut vorbereitet hätte und er ihnen die Bestätigung schnellstmöglichst hereinbringen würde.

Nun war Monikas großer Tag gekommen, die offizielle Aufnahme fand natürlich in der Kirche statt. Der Bürgermeister bestand darauf, als erster eine Ansprache zu halten, diesmal wollte er sich von dem Pastor nicht ausbooten lassen, außerdem war das ja auch mehr eine weltliche Handlung. Je länger der Bürgermeister redete, um so unruhiger wurde der Pastor, was natürlich auch die Gemeinde mitbekam. „Recht so,“ dachten die meisten von ihnen, „jetzt ist der Spieß mal umgedreht.“

Jedenfalls machte der Bürgermeister seine Sache sehr gut, Monika wurde feierlich in die Gemeinde aufgenommen und auch Anwalt Meyerdirks war anwesend, der Wattjes im Beisein der Gemeinde die Adoptionsurkunde überreichte. Jetzt durfte der Pastor, dem das Grinsen seiner Schäfchen nicht entgangen war, endlich seinen Gottesdienst beginnen. Er konnte es sich natürlich nicht verkneifen, sich für die Schadensfreude der Gemeindemitglieder zu rächen und hielt eine ellenlange Predigt, die von den Anwesenden mit manchen Seufzern quittiert wurde.

Nach dem Kirchgang versammelten sich die meisten auf dem Dorfplatz, und fast alle kamen, um Monika zu gratulieren und sie in ihrer Gemeinschaft willkommen zu heißen. Eiso Wattjes war froh, als sie endlich zur Kutsche zurückgingen, ihm knurrte schon seit einer Stunde der Magen.

In Andersum angekommen forderte Swantje Monika auf, ihre graue Schürze abzulegen, ab jetzt gehöre sie ja nicht mehr zu den Kettenmädchen, also dürfe sie ab sofort eine weiße Schürze tragen. Schon solche kleine Gesten machten die inzwischen bescheiden gewordene Monika restlos glücklich und so sagte sie: „Vielen, vielen Dank, Frau Wattjes.“ „Was heißt denn hier Frau Wattjes, haben wir dich nun adoptiert oder nicht? In Zukunft sagst du einfach Mutter zu mir, und das „Sie“ ist natürlich auch vergessen.“

Ganz einfach war das für Monika am Anfang nicht, schließlich hatte sie ihre neuen Eltern ein Jahr lang förmlich ansprechen müssen, doch nach wenigen Stunden hatte sie sich daran gewöhnt, sie hatte sich ja auch die ganze Zeit über wie eine Tochter der Wattjes gefühlt.

Den Rest des Sonntags verbrachte Wattjes in gewohnter Weise, sie ließen es ruhig angehen. Nach dem Teetrinken gingen Fenna und Monika noch etwas spazieren, als sie die Dorfstrasse hinunterliefen kam ihnen Hanna entgegen, das neue Mädchen an der Kette mit sich führend.

Die drei unterhielten sich angeregt, während Ilona mit gesenktem Blick danebenstand. Aus den Augenwinkeln sah sie immer wieder zu Monika hin, inzwischen war sie fest davon überzeugt, dass es die Monika war, von der Anja öfters gesprochen hatte. Außerdem hatte sie am Morgen ja noch, genau wie sie selbst, die graue Schürze der Kettenmädchen getragen, und auch wenn sie jetzt eine weiße Schürze trug, so hatte sie doch noch immer den Halsreif um, auch wenn es sich dabei anscheinend um ein edles Teil handelte.

Die drei Mädchen führten wirklich ein langes Gespräch, Fenna erzählte erst lang und breit, wie sie mit dem Keuschheitsgürtel klar kommen würde,  Monika schilderte ihre Eindrücke von diesem Sonntag, nur Hannas Thema war immer das gleiche: Sie wollte unbedingt ihre Bewährungszeit hinter sich bringen, andere in ihrem Alter wären schon längst verheiratet, inzwischen hatte sie richtig Angst, dass ihr Liebster sich eine andere suchen und sie niemals einen Mann kriegen würde.“

Hanna konnte zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen, dass an ihrem Problem bereits gearbeitet wurde, und auch Monika konnte jetzt noch nicht wissen, dass auch sie unmittelbar an der Problemlösung beteiligt war.

Für die Mädchen wurde es langsam Zeit nach Hause zu gehen, schließlich erledigte sich die Stallarbeit nicht von allein, und keine von ihnen würde es auch nur im Traum einfallen sich vor der Arbeit zu drücken, nicht im Land der alten Dörfer.

Nach der Stallarbeit und nach dem Abendbrot saß Familie Wattjes gemütlich in der Küche zusammen, jeder ging einer Tätigkeit nach, während die Kleinen noch etwas spielen durften, Wattjes in der Bibel las, waren Swantje und Fenna am Ausbessern der Wäsche, und Monika beschäftigte sich mit dem Lernen von Gesangsversen. Doch diese gemütliche Runde endete schlagartig, als es an der Tür klopfte und Wattjes: „Nur herein“ rief. Die Tür ging auf und Wattjes meinte. „Das ist doch mal ein netter Besuch, kommt nur herein und setzt euch zu uns.“


Teil 48

Bei dem Besuch handelte es sich um die beiden alten de Fries, den Eltern von Hanna und Wilko. Nachdem die ersten Neuigkeiten ausgetauscht und die erste Tasse Tee getrunken war, kam der alte de Fries auf den Grund des Besuches zu sprechen:

„Wie ihr alle wisst, haben wir seit einiger Zeit ein neues Mädchen bei uns im Haus, die sich bisher gut gemacht hat. Sie ist willig, arbeitsam und weiß sich auch zu benehmen. Leider fehlt ihr noch die Erfahrung, um alle Arbeiten im Haus oder im Stall alleine machen zu können. Bevor dieses neue Mädchen selbstständig arbeiten kann, und in der Lage wäre Hanna zu vertreten, würde schon wieder mindestens ein halbes Jahr vergehen, und wir brauchen euch nicht zu erzählen, wir gern Hanna ihre Bewährungszeit hinter sich bringen möchte, auch wenn sie sich nie beklagt, wissen wir doch, wie wichtig ihr das ist.“

„Das ist wohl war,“ meinte Swantje, „alle anderen in ihrem Alter haben diese Zeit schon längst hinter sich, es wird nun wirklich Zeit für sie.“ „Wie wahr, wie wahr,“ sagte Frau de Fries, „und wenn mein Mann und ich noch etwas jünger und kräftiger wären, würden wir sie jetzt in die Bewährungszeit schicken lassen, doch wir beiden Alten sind unserem Sohn keine große Hilfe mehr, und das neue Mädchen ist einfach noch nicht soweit.“

„Können wir euch bei dem Problem irgendwie behilflich sein?“ wollte Eiso Wattjes wissen. Die alten de Fries sahen sich an, es war ihnen anzumerken, dass ihnen ihr Anliegen nur schwer über die Lippen kam.

„Tja, also, Eiso Wattjes,“ sagte de Fries sichtlich verlegen, „uns ist da eine Möglichkeit in den Sinn gekommen, aber bevor ich weiterspreche möchte ich euch sagen, dass wir es euch nicht übel nehmen werden, wenn ihr nicht damit einverstanden seid.“

Wattjes sahen ihn nur erwartungsvoll an und so sprach er weiter: „Eure Monika ist eine tüchtige Deern, und normalerweise wäre sie schon nicht mehr bei euch, ihre Zeit hat sie ja abgedient. Darum wollten wir fragen, ob nicht die Möglichkeit besteht, dass sie ein halbes Jahr bei uns arbeiten und wohnen könnte, dann würde Hanna endlich ihre Bewährungszeit hinter sich bringen können.“

„Dat is ja nu watt.“ sagte Eiso Wattjes ziemlich überrascht, auch Swantje sah nicht unbedingt glücklich aus. Monika, die es am meisten anging, saß dabei und sagte nichts, schließlich hatten die älteren Leute zu entscheiden, zu fügen hatte sie sich allemal.

„Das kommt nun doch ziemlich überraschend.“ meinte Swantje und wandte sich zu Monika. „Was meinst du denn davon?“ wollte sie von ihr wissen. „Ich halte das für eine gute Idee, damit wäre Hanna geholfen.“ gab Monika zurück, ohne sich anmerken zu lassen, dass sie diese Idee sogar für hervorragend hielt, würde sie dann doch viel in der Nähe von Wilko de Fries sein, auf den sie schon lange ein Auge geworfen hatte.

Im Land der alten Dörfer ist Hilfsbereitschaft eine Selbstverständlichkeit, so dauerte es nur wenige Minuten bis die Wattjes sich dazu durchgerungen hatten, auf diesen Vorschlag einzugehen. „Es ist schließlich unsere Christenpflicht zu helfen, wenn Hilfe erforderlich ist.“ meinte Eiso Wattjes salbungsvoll, zu gerne kehrte er den guten Christen hervor, wenn sich die Gelegenheit dazu ergab. Doch die anderen kannten ihn alle zu gut, um ihm diese Marotte übel zu nehmen.

Da der Weg für Hanna nun geebnet war, wurde auch gleich der Rat davon in Kenntnis gesetzt. Nun hatten die Ratsherren in bezug auf Hannas Bewährungszeit schon seit langem ein schlechtes Gewissen, daher überschlugen sie sich fast vor Eifer, diese Angelegenheit endlich zum Abschluss zu bringen, nach vierzehn Tagen bekamen de Fries den Bescheid, das Hanna sich in genau neun Tagen zur Abfahrt bereit zu halten hätte.

Mit einer so schnellen Reaktion hatten weder de Fries noch Wattjes gerechnet, aber im Endeffekt war es auch egal, denn je eher Hanna aufbrach, um so eher würde sie auch wieder zurück sein.

Schon einige Tage vor Hannas Abfahrt wurde Ilona gesagt, dass sie in den nächsten Tagen zu Wattjes kommen würde, für Ilona brach fast eine Welt zusammen, weil sie davon ausging, dass man, aus welchen Gründen auch immer, mit ihrer Arbeit oder ihrem Verhalten nicht zufrieden war. Erst als Hanna sie aufklärte, warum sie  das nächste halbe Jahr bei Wattjes zu verbringen hätte, beruhigte sie sich wieder.

Für die beiden jungen Frauen war der Tausch von den Familien schon eine unterschiedliche Angelegenheit, während Ilona, die sich gerade bei den de Fries etwas eingewöhnt hatte, Angst vor den ihr relativ unbekannten Wattjes hatte, freute sich Monika, nun ständig in der Nähe von Wilko de Fries zu sein.

Schnell kam der Tag, an dem für Hanna die große Zeit ihres Leben beginnen sollte, abgeholt wurde sie, wie kann es denn auch anders sein, von dem Advokat Meyerdirks. Der gab zwar vor es sehr eilig zu haben, doch für einen kräftigen Imbiss fand er doch noch Zeit. Nach der siebten Tasse Tee, zu denen er  drei Mettwurst,- vier Schinken- und zwei Käsebrote verdrückt hatte, ganz zu schweigen von den eingelegten Gurken und Kürbissen, legte er den Löffel in die Teetasse (überall in Friesland das Zeichen dafür, dass nicht mehr nachgeschenkt werden soll) und meinte: „Nun Hanna, kann es sein, dass ihr in der Schule die Dänische Sprache gelernt habt?“ „Nein,  Herr Advokat Meyerdirks, das haben wir nicht.“ „Das macht nichts,“ meinte er, „wenn du wieder zurück bist, wirst du perfekt Dänisch sprechen können.“

Wie es nun an die Verabschiedung ging war doch allen schwer um Herz, am meisten aber wohl Hanna, die noch nie von zu Hause weggewesen war und nun für mindestens ein halbes Jahr in zu unbekannten Leuten in ein ihr fremdes Land fuhr, dessen Sprache sie noch nicht einmal verstehen konnte.

Um den Abschiedsschmerz so gering wie möglich zu halten, drängte Meyerdirks jetzt zum Aufbruch, schon rollte die Kutsche vom Hof und fuhr in Richtung Texlum davon, noch ein letztes Winken, dann war Hanna außer Sicht. „So ist das nun mal im Leben,“ seufzte die alte Frau de Fries, „aus Mädchen werden Frauen, da führt kein Weg dran vorbei.“ und wischte sich mit dem Taschentuch noch eine kleine Träne aus den Augen.


Teil 49

Für Monika und Ilona war es nun an der Zeit, die jeweiligen Habseligkeiten zusammenzupacken und umzuziehen. Während Monika noch am Packen war, führte Wilko de Fries sein Mädchen schon an der Kette in die Küche von Wattes hinein. Fenna nahm ihm die Kette ab und schloss Ilona an die inzwischen bereitgelegte Laufkette an, stellte ihr einen Korb mit Kartoffeln und eine Schüssel mit Wasser hin und gab ihr den Auftrag, die Kartoffeln für das Mittagessen zu schälen.

Nun war auch Monika soweit, sie klappte den Deckel ihrer Truhe zu und meinte: „Ich bin jetzt soweit, von mir aus können wir losgehen.“ Zum Abschied  (obwohl es ja nur zum Nachbarhaus ging) wurde sie von allen noch einmal liebevoll in den Arm genommen, ja es war ein Abschied, als wenn sie nach Amerika auswandern würde.

Wilko de Fries nahm die Truhe auf die Schulter, und Monika sagte: „Ich bin ja nicht aus der Welt, ich komme euch jeden Tag besuchen, und wenn es nur für ein paar Minuten sein sollte, oder darf ich das nicht, Bauer de Fries?“

„Natürlich darfst du so oft du willst zu Wattjes gehen, du bist ja schließlich kein Kettenmädchen mehr, sondern als Jungfer in der Gemeinde, aber tu mir bitte einen Gefallen und sag nicht Bauer de Fries zu mir, wenn du mich einfach beim Vornamen nennen würdest, wäre mir das entschieden lieber.“ „Ja gerne,“ sagte Monika, und strahlte Wilko an, „das mache ich gern.“

Als Monika und Wilko sich auf den Weg gemacht hatten, kümmerte sich Swantje Wattjes erst mal um das neue Mädchen, das inzwischen fleißig am Kartoffelnschälen war. Es waren ungefähr die gleichen Worte, die auch Monika bei ihrer Ankunft zu hören bekommen hatte: „Du bist in unserem Haus willkommen, ich hoffe, dass wir gut miteinander auskommen werden. Wenn du fleißig und ehrlich bist, hast du hier nichts zu befürchten, ganz im Gegenteil.“

„Ich werde mir die größte Mühe geben, Frau Wattjes, ich werde alles tun, was sie mir sagen, ganz bestimmt.“ sagte Ilona und machte den vorgeschriebenen Knicks. „Gut,“ sagte Swantje, „dann sind wir uns einig, lass uns wieder an die Arbeit gehen.“

Während der Empfang für Ilona durchaus freundlich war, war die Aufnahme von Monika bei den de Fries mehr als herzlich. Frau de Fries nahm sie gleich in den Arm und meinte: „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wir sehr wir uns darüber freuen, dass du jetzt eine Zeitlang bei uns bist. Wenn du irgendetwas brauchst oder möchtest, sag es einfach, wir werden es dann schon möglich machen.“

Sobald Monika ihre Sachen eingeräumt hatte, begann sie mit der Arbeit. Sie kümmerte sich als erstes um das Mittagessen, die Wachtelbohnen für den Eintopf hatte Frau de Fries über Nacht schon eingeweicht, so brauchte sie jetzt nur noch das Gemüse zu putzen und schneiden, die Kartoffeln schälen und würfeln und die gepökelten Schweinepfoten mit hineinzugeben. Aus dem Garten holte sie sich noch etwas Bohnenkraut und Liebstöckel, um den Eintopf gehaltvoll abzuschmecken.

Als zur Mittagszeit das Tischgebet gesprochen worden war, wurde Monika leicht nervös, ob ihre Art zu kochen bei den de Fries wohl Anklang finden würde? Sie hätte sich aber keine Sorgen zu machen brauchen, die ganze Familie war begeistert von ihren Kochkünsten und lobte sie über alle Maßen.

Auch bei der Stall- und Feldarbeit gab sie ihr Bestes, die Arbeit ging ihr sicher und flott von der Hand. Immer öfter merkte sie, dass Wilko sie bei jeder Gelegenheit beobachtete. Schon immer hatte er dieses Mädchen gerne leiden mögen, doch jetzt fing er an, sich in sie zu verlieben, jedes Mal, wenn sie ihn anlächelte, wurde ihm ganz warm ums Herz.

Die alten de Fries bekamen das natürlich mit, im Geiste sahen sie Monika schon als ihre Schwiegertochter. Eines Sonntags, Monika war auf einen Sprung zu den Wattjes gegangen, sprachen sie Wilko darauf an: „Die Monika ist doch ein tüchtiges Mädchen,“ meinten sie zu Wilko, „dazu sieht sie auch noch gut aus und hat ein freundliches Wesen. Wer die mal zur Frau bekommt, hat wirklich Glück gehabt.“

„Ich will euch ehrlich etwas sagen,“ meinte Wilko zu seinen Eltern, „ich habe sie von Herzen gern und würde gern um ihre Hand anhalten, aber ich weiß nicht, ob ich mir bei ihr nicht einen Korb holen würde.“ „Wie ist es nur möglich, dass ihr Männer so unsensibel seid.“ schimpfte Frau de Fries, „hast du wirklich noch nicht gemerkt, dass Monika dich gerne leiden mag? Beim Essen sorgt sie immer dafür, dass du die besten Stücke vom Braten bekommst, in die Teetassen gibt sie dir die dicksten Kluntjes, und hast du wirklich noch nicht bemerkt, dass sie dich immer lächelnd ansieht? Mein lieber Sohn, ich rate dir, halte dieses Mädchen fest, bevor ein anderer ihr Herz gewinnt, wir Alten jedenfalls könnten uns keine bessere Schwiegertochter wünschen.“

„Ihr habt gut reden,“ gab Wilko zurück, „ihr wisst genau so gut wie ich, dass ich ihr, solange sie bei uns im Haus lebt, keinen Antrag machen darf, das widerspricht allen Regeln.“ „Das ist richtig, aber warum lädst du sie nicht einfach mal zu einem Spaziergang ein? Oder bring ihr von der Feldarbeit doch mal einen Strauß Blumen mit, die Natur ist doch voll davon.“

Wilko hörte auf den Rat seiner Eltern, gleich am nächsten Sonntag lud er Monika zu einem Spaziergang durch das Dorf ein. Am liebsten hätte er sie dabei in den Arm genommen, doch das widersprach den guten Sitten. Aber auch so genossen die Beiden den gemeinsamen Spaziergang, und viele, die ihnen begegneten, meinten anschließend, dass sie ein schönes Paar abgeben würden.

« Letzte Änderung: Mai 22, 2011, 05:25:21 pm von viper2606 » Moderator informieren   Gespeichert
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