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Autor Thema: Jennas Weg, Teil 32  (Gelesen 4089 mal)
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Mandith
Writer und Poster
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Geschlecht: Männlich
Beiträge: 37


Schreiben heißt Bleiben

petersmano
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« am: Juni 01, 2012, 12:55:01 pm »

Anna hatte die ganze Nacht kaum ein Auge zugekriegt. Die Aufregung hatte sie nicht zur Ruhe kommen lassen. Wie auch? Es stand ihr ein schwerer Tag bevor. Der Tag der Entscheidung. Der Tag des Verrats! Anna würde gegen den Willen ihrer Herrin handeln müssen, um Mistress  Jenna vor etwas zu retten, vor dem sie gar nicht gerettet werden wollte. Im Gegenteil. Seit Jahren hatte sie auf diesen Tag gewartet, alles dafür getan, dass er so verlaufen würde, wie sie ihn geplant hatte.
Es tat Anna in der Seele weh, ihrer geliebten Herrin in den Rücken fallen zu müssen, ihren so lange gehegten Plan zu vereiteln, ihren Traum zu zerstören, und sie fragte sich, ob nicht ihr eigener Egoismus sie zu dem Verrat trieb. Hatte sie überhaupt ein Recht darauf, der Göttin den Weg zu verstellen? Oder war es sogar ihre Pflicht? Musste die Sklavin nicht alles tun, was der Herrin gut tat?
Oh ja, das musste sie. Aber was tat ihr gut? Und was tat Anna gut? Was verstand die Eine, was die Andere unter „gut tun“?
Eine schwere Frage für eine Sklavin, die stets gehorsam und voller Hingabe die Wünsche der Herrin erfüllt hatte. Und heute musste sie deren allergrößten Wunsch zunichtemachen. Das lastete schwer auf Annas Gewissen. Aber wie schwer würde es erst auf ihrem Gewissen lasten, wenn sie es nicht täte? Konnte sie die Herrin sehenden Auges ins Verderben laufen lassen?
Nein, das konnte sie nicht. Anna musste etwas übernehmen, was ihr in ihrem Leben bisher kaum abverlangt worden war. Sie musste Verantwortung übernehmen. Auch wenn es mit Verrat einherging.

Auch Jenna hatte nicht sonderlich gut geschlafen. Auch sie war von der Aufregung erfasst worden, allerdings einer gänzlich anderen als Anna. Bei ihr war es eine erwartungsvolle, sehnsüchtige, ständig steigende Aufregung, die sie den ganzen Tag nicht mehr loslassen sollte.
So gerne hätte sie mit ihrer geliebten Sklavin noch eine schöne Nacht verbracht. Eine Nacht, die beide niemals hätten vergessen können, doch schweren Herzens hatte sich Jenna dagegen entschieden. Zu groß war die Gefahr gewesen, sich den herbeigesehnten Moment zu verderben, und so hatte sie Anna bereits früh in ihre Kammer geschickt.
Und nun stand sie lauschend an der Tür ihres Wohnzimmers und wartete klopfenden Herzens darauf, dass Anna sich in Arnold verwandelte und zur Arbeit ging. Am liebsten wäre sie hinausgerannt, um ihre große Liebe in die Arme zu schließen, als sie hörte, dass diese aus der Kammer trat. Die Tränen rannen ihr übers Gesicht, und für einen Moment wich ihre Erregung einer tiefen Traurigkeit.
Auch Jenna dachte an Verrat. An ihren Verrat an Anna, der großen Liebe ihres Lebens. Der Gedanke, sie möglicherweise nie mehr in den Armen halten zu können, ließ sie kurz wanken. Überwältigt von den Gefühlen für ihre Sklavin, war sie dicht davor, alles hinzuschmeißen.
Doch was hätte das jetzt noch genützt? Sie war schon viel zu weit gegangen, um noch umkehren zu können. Dort unten im Keller gab es zwei Männer, denen sie die Freiheit genommen hatte. Einen von ihnen hatte sie beinahe umgebracht. So oder so würde sie dafür bezahlen müssen, und so verdrängte sie den Schmerz und konzentrierte sich wieder auf ihr Vorhaben.
Endlich hörte sie, wie Arnold die Treppe hinabging. Leise öffnete sie die Tür und schlich auf den Flur, um ihm nachzusehen. Vom oberen Ende der Treppe beobachtete Jenna, wie er das Haus verließ. Schnell rannte sie zurück in ihr Wohnzimmer und sah aus dem großen Fenster. Eine Minute später fuhr Arnold vom Hof. Unwillkürlich sah Jenna hinüber zum grauen Wald. Nie zuvor war ihr der Nebel so erdrückend erschienen wie an diesem Morgen. Ein Schauer durchlief ihren Körper, bevor sie sich losriss und ins Schlafzimmer ging, wo sie den Umschlag hervorholte und ihn gut sichtbar auf den Nachttisch legte. „ANNA“ stand in großen Lettern darauf zu lesen. Zärtlich fuhr Jennas Hand über den wunderbaren Namen. Wenigstens war dafür gesorgt, dass ihr Mädchen keinen materiellen Schaden nehmen musste. In weiser Voraussicht hatte Jenna ihr das Haus überschrieben.
Nun wurde es Zeit. Es gab noch viel zu tun. Im Keller und im Büro. Denn auch dort musste noch Einiges geregelt werden, bevor sie den Anruf machen konnte. Lyndon war heute für den Außendienst eingeteilt. Jenna musste ihm noch eine Nachricht hinterlassen. Die Firma sollte nicht verlorengehen, und darum musste sie ihm für die Zeit ihrer Abwesenheit alle Vollmachten erteilen.

Es war allgemein nicht die Nacht des ruhigen Schlafes gewesen. Auch nicht für Lucy und Mira. Am liebsten wären sie noch gestern Abend nach Newport gefahren, doch Mr. Jester hatte ausdrücklich darauf bestanden, dass sie erst am Vormittag kommen sollten, wenn Jenna außer Haus war.
Bis tief in die Nacht hatten die beiden Frauen in der Küche gesessen und sich die Köpfe heiß diskutiert. Mira hatte sich zuerst gehörig erschrocken, als ihr Lucy von Court Jesters Bedingung erzählt hatte, doch dann hatte auch sie eingesehen, dass die andere Alternative die weitaus üblere war. Und so hatten sich die beiden mit ihrem Part des Planes vertraut gemacht.
Etwas übernächtigt stiegen sie in Miras Wagen und machten sich auf den Weg nach Newport. Auf ein Frühstück hatten sie verzichtet. Nur eine Tasse Kaffee hatten sie hinuntergestürzt. Es war jetzt 8.00 Uhr.

Blake Dooley war Kummer gewohnt. Und deshalb waren ihm Schlafstörungen fremd. Er hatte prima geschlafen und war voller Tatendrang. Es gab ein nicht unerhebliches Problem zu lösen, und das war etwas, was zu seinen Spezialitäten gehörte. Darum machte er sich auch keine Sorgen darüber, dass er noch keine Ahnung hatte, wie es gelöst werden konnte. Wenn er erst einmal einen genaueren Überblick über die Lage hatte, würde ihm schon etwas einfallen. Das war bisher immer so gewesen. Sicherheitshalber hatte er schon mal alle möglichen Szenarien durchgespielt und ein paar Anrufe getätigt. Für alle Fälle. Der einfachste Fall wäre wohl, wenn der gute Harry bereits tot wäre. Im Entsorgen von Leichen war seine Organisation Spitze. Schwieriger würde es, wenn er noch lebte. Dann würde Blake dafür sorgen müssen, dass der Mann irgendwo landete, wo er keinen Schaden mehr anrichten konnte. Aber auch da machte er sich keinen Kopf drum. Er kannte allerhand Tricks, mit solchen Typen fertigzuwerden. Das Einzige, was ihn ärgerte, war das ausgefallene Schäferstündchen mit Jessica. Na, das würde er dann eben heute Abend nachholen.
Genussvoll biss er in sein Brötchen. Er hatte noch eine Stunde Zeit. Um 9.00 Uhr würde Burt mit dem Lieferwagen vorfahren.

Ein paar Stunden Schlaf waren auch Court Jester vergönnt gewesen. Allerdings war er zwischendurch immer mal wieder aufgewacht. Es war hier unten ja nicht möglich, die vergangene Zeit genau einzuschätzen. Ein Umstand, der Court überhaupt nicht behagte. Er hatte den Eindruck, schon ewig hier eingesperrt zu sein. Immer wieder hatte er gedacht, es müsse schon Morgen sein, doch es dauerte noch eine ganze Weile, bis endlich was passierte.
Sofort sprang er auf und stellte sich ans Gitter, als sich die Stahltür öffnete und die wunderbare Irre die Schleuse betrat. Erneut raubte ihm ihr Anblick den Atem. Diesmal hatte sie zwar kein Negligee an, doch auch ihr elegantes Outfit mit dem Nadelstreifenkostüm, der weißen Bluse und den weißen High-Heels war ein echter Hingucker, und Court fragte sich erneut, was in der Frau vorgehen musste, dass sie diese schönen Sachen mit einem orangefarbenen Overall tauschen wollte. Ein Jammer, wenn das passieren sollte. Bitte, bitte, lieber Gott, betete er insgeheim, lass sie Harry nicht umbringen!
„Guten Morgen, Mr. Jester“, sagte sie, „nun haben wir es ja bald geschafft. Heute Abend können Sie sich wieder Ihrer kaffeebraunen Schönheit widmen. Ich nehme an, Sie haben sich während Ihres unfreiwilligen Aufenthaltes Allerhand aufgespart, um sie glücklich zu machen“.
„Äh…“. Court war etwas irritiert, wie offenherzig und selbstverständlich sie ausgerechnet das ansprach. Sie sah ihn mit einem so liebreizenden Lächeln an, dass ihm erneut ganz anders wurde.
„Frühstück gibt es heute leider nicht“, fuhr sie fort, „keine Zeit, da müssen Sie auf Ihre Befreiung warten“.
„Was haben Sie da?“, fragte Court und zeigte auf den kleinen Karton, den sie in der Hand hielt.
„Harrys Geschenk“, sagte Jenna mit einem Augenzwinkern, „ich hoffe, dass er aufnahmefähig genug ist, es zu genießen. Es wird mein letztes für ihn sein“.
„Was ist es denn?“, wollte Court wissen, „ist es…äh…gefährlich?“.
„Normalerweise nicht“, sagte Jenna, „nicht für Sie und nicht für mich. Eigentlich ist es sogar von einer gewissen Schönheit. Ich glaube aber, dass Mr. Milfort das anders empfindet“.
„Ich wäre beruhigter, wenn ich wüsste, was es ist“, sagte Court, „und vor allem, was es bewirken soll“.
„Haha“, lachte Jenna, „ja, das kann ich mir denken. Na gut, wenn Sie es unbedingt wissen wollen, es ist eine Brachypelma smithi“.
„Eine…was?“. Court war so schlau wie vorher.
„Eine Brachypelma smithi“, wiederholte Jenna lachend, „haben Sie bestimmt schon einmal gesehen, da bin ich mir ganz sicher. Bis gleich“.
Jenna winkte ihm noch kurz zu, dann ließ sie ihn allein, betrat Zelle zwei und schob die Tür zu dem kahlen Raum auf.
Vorsichtig stellte sie den Karton auf den Boden, bevor sie die Falltür öffnete.

Der Mann im Angstloch bemerkte, dass sich etwas regte. Die Klappe hoch über ihm war aufgegangen. Das beruhigte ihn ein wenig. Die Enge dieses Gevierts hatte ihm stark zugesetzt. Er hatte sich Stunde für Stunde immer unwohler gefühlt, und auch die Schmerzen in den Muskeln waren wieder stärker geworden. Verzweifelt hatte er versucht, eine Position einzunehmen, die ihm Erleichterung verschaffen konnte, doch was er auch versucht hatte, es war kaum eine Veränderung seiner Lage möglich gewesen. Irgendwann hatte er es aufgegeben und den Schmerz akzeptiert, doch das Gefühl der Bedrohung war geblieben. Nun, wo sich die Falltür geöffnet hatte, keimte Hoffnung in ihm auf, der nahenden Platzangst zu entgehen.
Die schöne Gestalt erschien in dem Viereck über ihm, und sie sprach zu ihm.
„Es ist Zeit für Dein letztes Geschenk“, sagte sie, „ich habe Dir eine Dame mitgebracht, die Dir helfen wird, die Zeit zu vertreiben, bis unser Spiel zu Ende ist. Es ist eine ganz hübsche. Du kannst sie Suzanne nennen, von mir aus aber auch Marie oder Jane, ganz egal. Pass auf, hier kommt sie“.
Etwas Dunkles flog auf ihn zu und landete plumpsend auf seinem Bauch. Neugierig hob der Mann den Kopf, um zu sehen, was es war. Und dann erkannte er es, und der Schock brachte seine Erinnerung zurück.
Harry war wieder da. Und er war nicht allein. Sein schlimmster Feind war bei ihm. Mit vor Entsetzen geweiteten Augen starrte er auf die sich langsam bewegenden Beine der riesigen Spinne. Sie kam direkt auf ihn zu. Bedrohlich näherte sie sich seinem Gesicht. Harry begann zu schreien.

Court hielt sich die Ohren zu. Die Schreie drangen bis zu ihm herauf, und sie erschütterten ihn bis ins Mark. Was, um Gottes Willen, tat die Frau mit Harry? Brachte sie ihn tatsächlich um? Der Mann schrie offensichtlich um sein Leben. Und er schrie noch, als Miss Carson wieder aus der zweiten Zelle heraustrat.
„Um Himmels Willen“, schrie Court, „was passiert da?“.
„Tut mir Leid, dass Sie das mitanhören müssen“, sagte Jenna, „aber ich muss die Türen auflassen, damit man Mr. Milfort auch findet“.
„In Gottes Namen, sagen Sie mir, was da los ist“, flehte Court sie an.
„Harry hat Besuch bekommen“, sagte Jenna, „von einem völlig harmlosen Tierchen, das höchstens mal mit Haaren um sich wirft“.
„Was…?“.
„Die Brachypelma“, erklärte Jenna, „eine mexikanische Rotknie-Vogelspinne. Völlig harmlos und wunderschön. Dummerweise leidet der arme Harry an einer ausgeprägten Arachnophobie, deshalb schreit er so. Sie wird ihm für den Rest des Tages Gesellschaft leisten“.
„Eine Vogelspinne? Sind Sie verrückt?“. Wie viele andere Leute, dachte auch Court, dass diese possierlichen Tierchen grundsätzlich giftig und lebensgefährlich waren. „Sie wird ihn umbringen“, sagte er entsetzt.
„Möglicherweise“, lächelte Jenna, „aber wenn, dann nur durch ihre bloße Anwesenheit. Das einzige, was passieren kann, ist dass sie mit ihren Härchen um sich wirft. Das kann dann schon mal kräftig jucken, aber das ist auch schon alles“.
Harry schrie munter weiter.
„Sind Sie sicher?“, fragte Court, wenig überzeugt. Harrys Schreie sprachen eine deutliche Sprache.
„Ganz sicher“, versicherte Jenna, „sie wird ihn jedenfalls nicht töten. Wenn er sterben sollte, dann vor Angst. Ich muss mich nun leider verabschieden. Ich habe noch wichtige Dinge zu erledigen. Machen Sie sich keine Sorgen, der Gute wird sicher bald ohnmächtig, dann wird es ruhiger“.
Sie wandte sich zum Gehen. „Ach…noch etwas“, sagte sie, bevor sie die Schleuse betrat, „was Ihren frechen Einbruch angeht…von mir haben Sie in dieser Sache nichts zu befürchten, das sollten Sie noch wissen. Machen Sie´s gut“.
Verblüfft sah Court ihr nach. Sie ging hinaus, ohne die Türen zu schließen. Selbst die Stahltür ließ sie offen. Sie hat mich nicht belogen, dachte Court, sie macht es tatsächlich wahr.

Immer näher kam das Ungeheuer seinem Gesicht. Harry schrie wie am Spieß. Als das Biest sein Kinn erreichte, erstarb sein Gebrüll. Wie paralysiert erlebte er, wie das haarige Monster über sein Gesicht marschierte, wobei es ein paar seiner Härchen in Harrys Nasenschleimhaut hinterließ. Dann war es vorerst verschwunden. Doch die Tatsache, dass Harry es nicht sah, machte es für ihn nicht besser. Es war noch da. Genauso gefangen wie er selbst. Und jetzt wurde ihm auch plötzlich bewusst, wo er war. Und es war ihm klar, dass er hier unten sterben würde. Er fing wieder an zu schreien. Diesmal um Hilfe.

Jenna verlor keine Zeit mehr. Nur kurz sah sie sich noch einmal im Foyer um, dann verließ sie das Haus in dem Glauben, es lange nicht wiederzusehen. Aufgeregt startete sie den Wagen.
Es war 9.45 Uhr, als sie an Arnolds Versteck vorbeifuhr. Mit zittrigen Fingern tippte er Lucys Nummer in sein Handy.
„Sie ist weg“, sagte er, als diese sich meldete. Dann legte er wieder auf.

„Gib Gas, Mira“, sagte Lucy, „die Bude ist sturmreif. Ich bin gespannt, was wir da vorfinden“.
„Hoffentlich keinen Toten“, meinte Mira und trat aufs Gaspedal. Mit quietschenden Reifen bog der Wagen in die Küstenstraße ein. In fünfzehn Minuten würden sie da sein.

Wesentlich gemütlicher ging es im Lieferwagen zu.
„Bleib ganz ruhig, Burt“, sagte Blake cool, „der gute Mr. Milfort läuft uns nicht davon. Das Einzige, was uns jetzt noch fehlen würde, wäre ein Unfall“. Gemächlich tuckerte der Lieferwagen durch die Stadt.


Kapitel 13
Ankunft

Arnold verließ sein Versteck am Waldrand und rannte zum Haus, ohne seinen Wagen zu holen, den er auf der anderen Seite der Umgehung abgestellt hatte. Die Tür war nicht abgesperrt, die Herrin hatte sie anscheinend absichtlich unverschlossen gelassen, um der Polizei freien Zugang zu ermöglichen. So schnell es ging zog sich Arnold um. Das Make-up hatte er schon vorher aufgetragen. Zum Glück war er Mistress Jenna danach nicht mehr begegnet. Das hätte garantiert unangenehme Fragen nach sich gezogen. So dauerte es nur wenige Minuten, bis Anna wieder aus der Kammer trat, nach unten ins Foyer rannte und nervös auf die Ankunft der Verbündeten wartete. Immer wieder sah sie zur Uhr. Die Zeit rannte ihr unter den Fingern davon, es war bereits 10.10 Uhr, und noch immer war niemand eingetroffen. Herrgott, konnten die sich denn nicht beeilen? Was, wenn zu viel Zeit verloren ging?

Jenna verlor keine Zeit. Mit schnellen Schritten verließ sie das Parkhaus und betrat den Fahrstuhl. Die Papiere für Lyndon hatte sie in ihrem Bürotisch eingeschlossen. Sie musste sie nur noch auf Lyndons Schreibtisch platzieren und ihm eine Nachricht schreiben. Dazu war sie bisher noch nicht gekommen, und sie schimpfte mit sich selbst, dass sie das nicht schon vorbereitet hatte. Dann hätte sie sich den zusätzlichen Gang ins Büro sparen können. Andererseits, was konnte das schon schaden? Harry sollte ruhig noch eine Weile mit seiner neuen Freundin verbringen.

Der hatte sein Geschrei inzwischen beendet. Stocksteif lag er in dem engen Angstloch, nicht fähig, auch nur einen einzigen Finger zu bewegen. Nur seine Augen blickten wild und angsterfüllt um sich. Wo war das grausige Monster? Hatte Harry nicht eben einen Schatten gesehen? Eine Bewegung wahrgenommen? Da…noch ein Schatten…noch eine Bewegung. Es schien nur so zu wimmeln vor lauter sich bewegender Schatten.
Dabei saß die Brachypelma gemütlich zwischen Harrys Hinterkopf und der Wand und rührte sich nicht. Es war ihr entschieden zu kalt hier unten, und der regungslose Körper, über den sie vorhin gekrochen war, interessierte sie zunächst nicht die Bohne. Allerdings ging etwas Wärme von ihm aus. Vielleicht sollte sie sich eine Höhlung an ihm suchen, um davon zu profitieren.
Doch plötzlich erzitterte der warme Körper, und ein scharfes Geräusch erklang, was die Spinne verunsicherte, so dass sie ihre Beine schützend an ihren Körper zog und sich so klein wie möglich machte.
Davon bekam Harry nichts mit. Ein heftiges Niesen durchrüttelte seinen Körper. In seiner Nase hatte es erbärmlich zu jucken begonnen. Die Brennhaare der Brachypelma hatten sich in der Schleimhaut eingenistet und entfalteten nun ihre Wirkung. Unaufhörlich lief der Rotz heraus, und Harry prustete pausenlos vor sich hin.

Nervös rannte Court Jester in seiner engen Zelle auf und ab. Wie viel Zeit war vergangen, seit Miss Carson gegangen war? Wo blieb das Mädchen? Hatte sie alles richtig gemacht? Hatte Mrs. Johannsen jemanden gefunden, der sich um Harry kümmern konnte? Wo blieben sie? War die Polizei schon informiert? Hatten sie überhaupt noch Zeit? Und wie ging es Harry? Am Leben war er offensichtlich noch. Vorhin hatte Court schon das Schlimmste befürchtet, als das Schreien aufgehört hatte. Doch nun hörte er ihn niesen. Anscheinend war zu Harrys vermutlich ohnehin schon schlechten Zustand auch noch eine Erkältung dazugekommen. Verdammt nochmal, konnte nicht endlich mal was passieren?

Und es passierte etwas. Endlich fuhr ein Wagen auf den Hof, und Anna öffnete die Tür. Es waren Lucy und Mira. Aufgeregt lief ihnen Anna entgegen, als sie aus dem Wagen stiegen.
„Kommt schnell“, rief sie panisch, „wer weiß, wie viel Zeit wir noch haben?!“.
„Wir kommen ja schon“, sagte Mira, „ist Mr. Dooley noch nicht da?“.
„Mr. Dooley?“, fragte Anna, „kommt der auch noch?“.
„Natürlich“, sagte Lucy, „schließlich hat der großen Anteil an dem Dilemma. Jetzt kann er gefälligst auch dafür sorgen, das wieder in Ordnung zu bringen“.
Ungeduldig führte Anna die beiden hinunter in den Keller. „Wir müssen ganz nach unten“, sagte Anna, und Mira und Lucy blieben fast die Worte im Halse stecken, als sie den vorgerückten Thron und die dahinterliegenden Stufen sahen.
„Was zum…?“, entfuhr es Lucy.
„Keine Zeit für Erklärungen“, sagte Anna, „Ihr werdet es gleich sehen“.

Endlich, dachte Court, als er das Geklapper der Heels auf den Stufen vernahm, das wurde aber auch Zeit.
„Beeilen Sie sich“, rief er den staunenden Frauen zu, „lassen Sie mich endlich hier raus“.
Diesmal weigerte Anna sich nicht. Schnell betätigte sie den Schalter, und Court konnte endlich die Zelle verlassen.
„Das ist ja unglaublich“, sagte Lucy fassungslos, „das gibt es doch gar nicht. Wer hat denn das gebaut? Wie lange existiert das hier schon?“.
Unschuldig zuckte Mira mit den Schultern. „Ich kann´s mir denken“, sagte sie, „aber ich schwöre, ich hab nichts davon gewusst. Ich sehe das auch zum ersten Mal“. Misstrauisch sah Lucy ihre alte Freundin an.
 „Ehrlich“, sagte Mira, „ich wusste zwar, dass Jenna so etwas bauen wollte, hatte aber keine Ahnung, dass sie das in die Tat umgesetzt hat“.
„Keine Zeit für Diskussionen“, sagte Court und ging in die andere Zelle, „wir müssen nach Mr. Milfort sehen“. Die beiden Frauen folgten ihm in den kahlen Raum. Anna rannte nach oben, um auf Mr. Dooley zu warten.
„Um Gottes Willen“, entfuhr es Lucy, als sie erkannte, wo sie sich befand, „Jenna muss wahnsinnig geworden sein“.
„Ich hoffe, dass sie wieder zu sich kommt“, sagte Court, „Zeit genug wird sie ja haben, nicht wahr?“. Prüfend sah er Lucy an. Sie nickte.
„Keine Angst, Mr. Jester“, bestätigte sie, „wir werden uns an die Abmachung halten“.
Vorsichtig beugte sich Court über die Falltür. Es ging ziemlich weit hinab, doch da das Licht brannte, konnte er Harry deutlich erkennen. Der Mann war offensichtlich in einem erbarmungswürdigen Zustand. Und er war immer noch so streng gefesselt wie vor zwei Tagen, als Court ihn in der Zelle gesehen hatte, nur dass sein Kopf jetzt frei war. Ausdruckslos starrten seine Augen ins Leere. Er nieste auch nicht mehr. War er etwa doch noch gestorben?
„Harry! Harry…“, rief er hinunter.
Harry antwortete nicht. Er befand sich in einer unheimlichen Starre. Er bekam alles mit, war aber nicht in der Lage, sich zu artikulieren. Die Angst vor der Reaktion der Spinne würgte ihm die Stimme ab.
„Er rührt sich nicht“, sagte Court, „hoffentlich ist er nicht…“.
„Reden Sie keinen Quatsch“, fiel ihm Lucy ins Wort, „sagen Sie mir lieber, wie wir den Mistkerl da raus kriegen“.
„Keine Ahnung“, sagte Court, „ich geh da jedenfalls nicht runter. Harry ist nämlich nicht alleine da unten“.
„Was reden Sie da?“, sagte Lucy ungehalten, „da ist doch sonst niemand, das sieht man ja wohl“.
„Oh doch“, sagte Court, „er hat Gesellschaft von einer Vogelspinne. Das war Miss Carsons letztes Geschenk, wie sie es bezeichnete“.
„Scheiße“, ließ sich Mira vernehmen.
„Was denn für eine?“, fragte Lucy seelenruhig. Court kratzte sich am Kopf. Wie hieß das Scheißviech noch gleich?
„Irgendwas mit mexikanisch oder so“, sagte er, „mexikanische Rotspinne, glaube ich“.
„Eine Brachypelma?“
„Genau“, bestätigte Court, „so was hat sie gesagt“.
„Harmlos“, sagte Lucy, „los Mira, geh nach oben in die Spielwiese und such ein Seil. Aber ein dickes, klar?“.
„Was haben Sie vor?“, fragte Court, „wollen Sie da etwa runter?“.
„Ich nicht“, sagte Lucy mit finsterem Blick, „aber Mr. Dooleys Faktotum. Es wäre aber sicher besser, ihm nichts von der achtbeinigen Lady zu erzählen“.
„Wie sie meinen“, sagte Court, „wer ist denn Mr. Dooley? Und wo bleibt er?“.

Der stand neben seinem Lieferwagen und feuerte seinen Leibwächter an.
„Nun mach schon“, sagte er, „wir sind spät dran. Es ist schon fast elf“.
„Ich mach ja schon“, ächzte Burt und pumpte den Wagenheber hoch, „was kann ich dafür, dass wir ausgerechnet jetzt einen Plattfuß haben müssen?“.

Jenna verließ das Büro. Sie hatte alles erledigt. Wenn Lyndon morgen wieder zur Arbeit kam, würde er alles Notwendige vorfinden, um handlungsfähig zu bleiben. Jetzt würde sie einen kleinen Spaziergang an der frischen Luft gebrauchen. So kurz vor dem Ziel hatte ihre Erregung bereits ein Stadium erreicht, in dem es immer schwerer wurde, ihr standzuhalten. Der Schweiß stand Jenna auf der Stirn, und so sehr sie es auch versuchte, es gelang ihr nicht mehr, an etwas anderes zu denken. Zwischen ihren Beinen war die Hölle los, und das Fegefeuer begann langsam, sich auf ihren ganzen Körper auszubreiten. Oh Gott, dachte sie, ist das geil…so unglaublich geil. Mit nahezu unmenschlicher Beherrschung, zwang sie sich, die Hände von dem Brandherd fernzuhalten.
Sie stieg in den Fahrstuhl und überprüfte das Handy. Alles okay. Jetzt nichts wie runter in den Park und eine einsame Bank suchen, um den Anruf zu tätigen.

Anna trat von einem Bein aufs andere. Sie musste dringend aufs Klo, traute sich aber nicht, ihren Posten zu verlassen, solange Mr. Dooley nicht da war. Wo blieb er nur? Kam er überhaupt noch? Es war schon 11.00 Uhr. Wer wusste, wie viel Zeit sie überhaupt noch hatten? Anna zitterte vor Aufregung, Nervosität und Angst. Es war kaum noch zu ertragen. Bitte, bitte, lieber Gott, lass es nicht zu spät sein, betete sie ein ums andere Mal. Hätte sie doch den Mut gehabt, vorher einzugreifen. Hätte sie doch Mr. Jester schon gestern freigelassen. Dann wäre vielleicht noch das Schlimmste zu verhindern gewesen. Doch dafür war es jetzt zu spät. Nun war es wie es war. Da mussten sie jetzt durch. Allesamt.

Die Sonne brannte in der nahenden Mittagsstunde. Es war einer der heißesten Tage dieses Sommers, und die Menschen in der Stadt suchten den Schutz der Schatten, wo sie ihn finden konnten. Fast alle Bänke im Park waren besetzt. Zumindest die, die unter den Bäumen standen. Suchend sah sich Jenna um. Nur eine einzige Bank in ihrer Nähe war frei. Und die stand in der prallen Sonne. Weiter hinten gab es noch eine, die im Schatten stand, doch da hätte Jenna noch ein Stück laufen müssen. Trotz der Gluthitze, die ihr sowohl von oben als auch von unten zu schaffen machte, entschied sie sich für die Nähere. Sie durfte keine Zeit mehr verlieren. Der Vulkan war kurz vor dem Ausbruch. Sie setzte sich auf die Bank und holte das Handy hervor. Entschlossen tippte sie die Nummer ein und wartete darauf, dass sich ihr Gegenüber meldete.

„Fertig“, sagte Burt, „nur noch das platte Rad einladen“.
„Scheiß drauf“, sagte Blake Dooley, „lass das blöde Ding liegen und steige ein“.
„Du bist der Boss“, sagte Burt und stieg in den Lieferwagen.
„Das will ich meinen“, meinte Blake, „gib Gas“.

Shawn war noch recht neu in dem Geschäft. Er war erst knappe dreiundzwanzig Jahre alt und hatte gerade erst die Polizeiakademie absolviert. Schon sein Vater war bei der Polizei gewesen, und als Shawn 1989 das Licht der Welt erblickte, war für seinen alten Herren klar gewesen, dass auch sein Sprössling den ehrenwerten Job des Polizisten ergreifen und die Familientradition fortsetzen würde.
Nun, das hatte ja auch tatsächlich geklappt, auch wenn Shawn eigentlich lieber etwas ganz anderes geworden wäre. Er hatte großartige Ideen und eine blühende Fantasie, die er gerne zu Papier brachte, und er träumte davon, eines Tages Schriftsteller zu werden. Er hatte auch schon ein paar sehr ordentliche Geschichten veröffentlicht. Nicht als Buch, aber immerhin in einem kleinen, aber feinen Forum im Internet.
Leider konnte man damit nicht wirklich Geld verdienen. Jedenfalls noch nicht. Aber eines Tages vielleicht…
Wer konnte das schon sagen? Er war ja schließlich noch jung, und er würde mit Sicherheit an seinem großen Traum weiterarbeiten, auch wenn derzeit sein realer Job seine ganze Aufmerksamkeit erforderte. Dabei hatte Shawn noch Glück gehabt mit seinem Job. Man hatte ihn der Abteilung von Lieutenant Louis Croft zugeteilt. Die war zuständig für Schwerstkriminalität. Ein interessantes Feld, auch wenn in Newport nicht jeden Tag jemand umgelegt wurde, wie es in den großen Metropolen der Fall war. Und mit dem Chef, den jeder nur Lou nannte, konnte man prima auskommen. Er war einerseits ein echter Spaßvogel, andererseits aber auch sehr belesen, was Shawn sehr gelegen kam. Erst kürzlich hatten sie ein tolles Gespräch geführt, bei dem Shawn dem Lieutenant von seiner Leidenschaft erzählt hatte.
„Das weiß ich längst“, hatte Lou dem verblüfften Jungspund lächelnd verraten, „ich habe sogar schon was von Dir gelesen. Du machst das sehr gut“. Shawn wäre fast geplatzt vor Stolz. Er hatte wirklich einen coolen Boss.
Und auch sein ebenfalls noch sehr junger Kollege Daniel Miller war ein cooler Typ. Er befasste sich in seiner Freizeit mit experimenteller Musik und war ein durchaus brauchbarer Gitarrist. The Redemption Projekt nannte er sein musikalisches Schaffen, für das er auch schon mal die Lehrbücher der Polizeiakademie beiseitegelegt hatte. Dennoch hatte er den Abschluss mit Bravour hingelegt und war, genau wie Shawn, nun hier in Newport gelandet. Die beiden hatten sich auf Anhieb gut verstanden und arbeiteten in einer Schicht.
Während Daniel heute Bereitschaft hatte, war Shawn an diesem Tag in der Telefonzentrale eingeteilt.
Es war bis jetzt noch nicht viel los gewesen. Ein Familienstreit war das einzig Erwähnenswerte gewesen. Und so hing Shawn seinen Fantasien nach und machte sich auf einem Zettel ein paar Stichworte für seine aktuelle Geschichte, als das Telefon klingelte.
Ein anonymer Anruf. Ausgerechnet. Shawn hasste diese Anrufe, und auch ganz allgemein waren die nicht sonderlich beliebt. Man wusste nie, ob sich da nicht jemand einen Scherz erlaubte. Die Dame in der Leitung, die partout nicht ihren Namen sagen wollte, klang allerdings nicht so, als würde sie ihm einen Bären aufbinden. Sie machte sehr detaillierte Angaben, auch wenn sie anscheinend etwas aufgeregt war, und Shawn versprach ihr, die Sache weiterzugeben, was er bei anonymen Anrufen nur ungern tat. Außerdem war ein Name gefallen, den Lieutenant Lou erst neulich im Zusammenhang mit einer Geburtstagsparty erwähnt hatte: Miss Jenna Carson, die bekannte Immobilienmaklerin. Richtig geschwärmt hatte Lou von ihr. Wenn Shawn recht verstanden hatte, war sie in demselben Restaurant gewesen, in dem sein Boss mit ein paar Freunden gefeiert hatte.
Und im Haus dieser Frau befand sich angeblich ein schwer misshandelter Mann in einem eigens dafür eingerichteten Keller, den die Anruferin genauestens beschreiben konnte. Eigentlich unvorstellbar, was sie da erzählte, und deshalb hakte Shawn noch einmal nach.
„Eines müssen Sie mir noch erklären, bevor ich jemanden losschicke“, sagte er, „woher wissen Sie das überhaupt alles?“.
„Sie hat es mir selbst erzählt“, sagte die anonyme Anruferin, „sie sprach von einem Racheakt wegen einer lange zurückliegenden Geschichte, und dass sie das Schwein umbringen werde“.
„Dann sind Sie also eine Bekannte von Miss Carson“, resümierte Shawn.
„Eine sehr gute sogar“, erwiderte die Anruferin, „deshalb möchte ich auch nicht meinen Namen nennen. Aber was dort passiert, ist zu viel des Guten. Das kann ich nicht ignorieren“.
„Hm“, meinte Shawn, „und Sie sind sicher, dass die Dame Sie nicht auf den Arm genommen hat?“.
„Dafür kenne ich sie zu gut“, widersprach die Frau, „was Miss Carson sagt, das meint sie auch. Wollen Sie das Risiko eingehen, nichts unternommen zu haben, wenn dort ein Unglück passiert? Ich kann mich auch an die Presse wenden, wenn Sie das nicht ernst nehmen“.
„Schon gut, schon gut“, beeilte sich Shawn zu sagen, „wir werden jemanden zum Nachsehen hinschicken“. Das hätte noch gefehlt, dass dort tatsächlich etwas passierte, und in der Presse dann zu lesen sein würde, dass die Polizei nicht eingegriffen hatte, obwohl sie informiert war. Nicht auszudenken, was dann aus seiner Karriere würde.
„Sehr klug von Ihnen“, sagte die Anruferin und legte auf.
Verdammter Mist, dachte Shawn, was für eine Räuberpistole war ihm denn da aufgetischt worden? Wenn das stimmte, dann war das ein echter Knaller. Und wenn nicht? Na, wenn schon. Es war sowieso nichts los. Lieber einen falschen Alarm als nachher dumm dazustehen.
Er überflog noch einmal die Notizen, die er sich gemacht hatte und rief Lou an.

„Da sind Sie ja endlich“, fiel Anna ein Stein vom Herzen, als Mister Dooley und Burt eintrafen, „wo waren Sie denn so lange?“.
„Wir hatten eine Panne“, sagte Blake knapp, „wo ist denn das Objekt?“.
„Gehen Sie hinunter“, sagte Anna, „ganz nach unten. Ich komme gleich nach“.

Mira hatte gleich mehrere Seile nach unten gebracht. Sie glaubte nicht, dass ein einziges gereicht hätte. Für eine solche Aktion waren sie möglicherweise nicht lang genug, darum hatte sie sicherheitshalber zwei davon zusammengeknotet, um ein ausreichend langes zu bekommen.
Court war gerade dabei, es hinabzulassen, als die beiden Männer in die Kammer traten.
„Verdammt nochmal“, schimpfte Lucy, „das wurde aber auch Zeit. Wo habt Ihr denn gesteckt?“.
„Ist doch scheißegal“, sagte Blake unwirsch, „was ist mit dem Mistkerl? Lebt er noch?“.
„Das wissen wir nicht“, sagte Mira, „er bewegt sich nicht“.
„Und antworten tut er auch nicht“, mischte sich Court ein.
„Sieh an, der Bewährungsfritze“, sagte Blake, „was machen Sie denn hier? Das gefällt mir aber gar nicht“.
„Lass den Scheiß“, sagte Lucy, „ohne Mr. Jester wüssten wir gar nicht, was los ist. Er ist auf unserer Seite“.
„Vorausgesetzt, Harry lebt noch“, wandte Court ein, „ansonsten platzt unser Deal“.
„Mir wär´s lieber, wenn er tot wär“, sagte Blake zynisch, „das wäre die einfachste Lösung. Wer geht jetzt runter?“.
„Wie wär´s mit Burt?“, fragte Lucy, „der erledigt doch auch sonst alles für Dich“.
„Haha“, ätzte Blake, „immer noch so frech wie eh und je. Na schön…los, Burt, seil dich ab“.
„Ich wusste es“, sagte Burt resignierend, „aber vorher macht mal das Seil an dem Ring da fest. Ich habe keine Lust auf einen freien Fall“.
„Was ist mit dem Flaschenzug da oben?“, fragte Blake Dooley.
„Dafür reicht das Seil nicht“, sagte Court, „geben Sie her, ich binde es fest“.

Lieutenant Louis Croft stand mit Daniel und Shawn an dessen Schreibtisch und hörte sich die Aufzeichnung des Gesprächs an. Zu unglaublich hatte es geklungen, was ihm Shawn erzählt hatte. Seine Miene verfinsterte sich mehr und mehr, je länger die Aufzeichnung lief. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Anschuldigungen der anonymen Anruferin der Wahrheit entsprechen sollten, doch als das Gespräch auf die Sache mit der Presse kam, gab es auch für Lou keinen Zweifel mehr, dass sie etwas unternehmen mussten.
„Also gut“, sagte er, „Daniel, Du kommst mit mir. Darum kümmere ich mich persönlich. Und damit das klar ist: Sollte das Ganze eine Verarsche sein, dann bleibt das unter uns. Miss Carson ist eine einflussreiche Lady, die kann uns eine Menge Ärger machen. Und Du, Shawn…Du weißt von nichts, wenn jemand nach uns fragt. Nicht bevor wir wissen, was Sache ist“.
„Alles klar, Sir“, sagte Shawn, „ist mir bewusst, dass es eine heikle Sache ist“.
„Das ist es“, bestätigte Lou, „so oder so. Komm, Daniel. Wir fahren“.

Jenna war mächtig ins Schwitzen geraten. Die Hitze war nahezu unerträglich. Normalerweise machte ihr so etwas nicht viel aus, doch heute war alles anders. Jenna war nervös, und die krampfhafte Unterdrückung des inzwischen schwindelerregenden Verlangens machte ihr zusätzlich schwer zu schaffen. Auch der Anruf hatte enorme Kraft gekostet. Dieser Officer hatte ihr doch tatsächlich nicht glauben wollen. Ein Umstand, den Jenna überhaupt nicht bedacht hatte. Es hatte ihrer ganzen Konzentration bedurft, die richtigen Worte zu wählen. Was für ein Glück, dass ihr die Idee mit der Presse gekommen war. Das hatte den Mann in Zugzwang gebracht. Nun würde alles seinen Lauf nehmen. Es war nicht mehr rückgängig zu machen, und sie konnte beruhigt zurück ins Büro gehen und darauf warten, abgeholt zu werden.
Heute Abend würde sie hinter Gittern sein. Gefangen und eingesperrt, ohne die Möglichkeit, aus eigener Kraft wieder herauszukommen. Man würde sie an Händen und Füßen gefesselt ins Gefängnis bringen, und nichts und niemand würde sie diesmal befreien können. Sie würde keinerlei Einfluss mehr auf ihr Schicksal haben. Keine Chance, der Gefangenschaft zu entkommen. Oh Gott, sie hatte es wirklich getan…oh Gott, was für ein Wahnsinn. Was für ein unfassbar erregender Wahnsinn. Das Nonplusultra, der ultimative Kick!
Mit zittrigen Händen warf Jenna das nutzlos gewordene Prepaid-Handy in den Müllcontainer am Parkeingang. Schwer atmend überquerte sie die Straße und ging langsam auf das große Bürogebäude zu.

Langsam und vorsichtig glitt Burt an dem Seil hinab. Ganz wohl war ihm nicht dabei. Sofort spürte er die Enge dieses verdammten Lochs, und er fragte sich unwillkürlich, wie lange man es da unten wohl aushalten konnte. Er hatte in seiner Jugend mal etwas darüber gelesen. Angeblich hatten Gefangene im Mittelalter mehrere Jahre in solchen Kerkern verbracht, was er sich absolut nicht vorstellen konnte.
„Er lebt noch“, rief Burt nach oben, als er Harrys hektisches Atmen vernahm. Mit einem Sprung überwand er den letzten Meter und kam neben dem gepeinigten Mann zum Stehen.
„Ein Glück“, sagte Court erleichtert. „Scheiße“, sagte Blake Dooley, „nichts als Ärger mit dem Kerl“.
Urplötzlich fing Harry an zu brüllen.
„Mach sie tot…mach sie tot“, schrie er. Burt sah ihn verständnislos an. Der Bursche war offensichtlich nicht bei Verstand. Glaubte er wirklich, Burt würde Miss Jenna etwas antun?
„Das möchtest Du wohl“, sagte er und griff nach dem Seil, das um Harrys Brustkorb gebunden war, um es an dem anderen zu befestigen.
„Zieht es rauf“, rief er hinauf, „und dann holt den Spinner hoch“.
„Tritt sie tot“, wimmerte Harry nun, „tritt das Biest tot“.
Oben am Rand der Falltür ergriffen Court und Blake das Seil, und mit gemeinsamen Kräften brachten sie den wimmernden Harry Milfort in eine aufrechte Lage, ehe auch die Frauen mit zugriffen, um ihn hochzuziehen.
Dabei fiel Harry etwas aus den Falten des komischen Anzuges, den er trug, und es plumpste Burt direkt auf den Fuß.
„Scheiße“, schrie er erschrocken und schleuderte das eklige Viech mit einem kräftigen Tritt an die Wand. Das gefiel der Brachypelma gar nicht, und sie ging sofort in Gefechtsstellung, wobei sie die Brennhaare ihrer Hinterbeine auf den vermeintlichen Aggressor schleuderte. Der ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken und trat mit seinen Cowboystiefeln ein paarmal zu, bis das unschuldige Tier unter seinen Füßen zerbarst.
„Was ist denn da los?“, fragte Blake irritiert.
„Ach nichts“, sagte Burt, „nur eine Scheißspinne“. Er musste sich kräftig schütteln, denn so cool er auch tat, die Gänsehaut war nicht zu verleugnen.
Mit einem kräftigen Ruck zogen die vier oben gebliebenen Leute den immer noch wimmernden Harry über die Kante der Falltür.
„Hübsch angezogen hat sie ihn“, spottete Mira, was ihr einen bösen Blick von Lucy einbrachte. Anna, die inzwischen dazugekommen war, beobachtete die Szenerie aus sicherer Entfernung. Sie hatte immer noch Angst vor dem ungehobelten Mann.
„Der Kerl muss irre Schmerzen haben“, erkannte Lucy, „Anna, wo sind die Schlüssel?“.
„Das weiß ich nicht“, antwortete diese, „die muss Mistress Jenna haben“.
„Scheißegal“, sagte Blake, „wenn er es so lange ausgehalten hat, schafft er es auch noch ein paar Stunden länger“.
Eine Minute später hatte sich auch Burt hochgehangelt und kroch über die Kante der Falltür.
„Wir sollten ihn schleunigst von hier wegbringen“, warnte er, „wenn die Bullen hier reinplatzen, haben wir alle ein ernsthaftes Problem“.

„In der Gegend war ich noch nie“, sagte Daniel Miller, „ich wusste gar nicht, dass am grauen Wald eine Siedlung ist“.
„Eine Siedlung wäre auch zu viel gesagt“, meinte Lou, „drei Häuser stehen da, soviel ich weiß. Zwei erst seit ein paar Jahren. Das von Miss Carson war als erstes da. Sie hat auch dafür gesorgt, dass das Brachland kultiviert wurde. Sieht jetzt ganz hübsch aus da. Fahr etwas langsamer, Daniel. Nur noch unter der Umgehung hindurch und dann gleich rechts. Das Haus ist nicht zu übersehen. Es steht gleich am Anfang“.

Jenna betrat das Büro und ließ sich in ihren Stuhl fallen. Es fiel ihr immer schwerer, sich zu beherrschen. Wie lange mochte es noch dauern? Sehnsüchtig streichelte sie ihre Brüste durch den zarten Stoff ihrer Bluse hindurch. In unendlicher Qual verweigerte sie ihren Händen den Weg zum Heiligtum. Sie war so dicht davor. Das Ende ihres Weges lag nur noch wenige Schritte von ihr entfernt, und es sollte mit einem Feuerwerk einhergehen, wie sie es noch nie erlebt hatte. Aaahhh…was für eine Vorstellung.

„Einen Moment“, sagte Court Jester, „was haben Sie jetzt vor? Wohin bringen Sie Harry? Und vor allem: Was tun Sie mit ihm?“.
„Falls Sie meinen, ob wir ihn umlegen, da kann ich Sie beruhigen“, sagte Blake, „im Gegenteil. Wir werden ihn anständig aufpäppeln, damit er wieder vorzeigbar ist“.
„Und wenn er…?“.
„Keine Sorge, Sir“, winkte Blake ab, „er wird nichts unternehmen, was Miss Jenna gefährlich werden könnte. Ich habe da so meine Methoden, um unliebsame Zeugen verschwinden zu lassen. Ganz ohne Gewalt anzuwenden. Er wird dahin kommen, wo er hingehört“.
Ganz überzeugen konnte Court das nicht. Doch was blieb ihm übrig? Er musste dem Drogenboss vertrauen. Hauptsache Harry kam lebend hier raus. Alles andere war ihm egal.
„Ich lasse es Sie wissen, wo Harry ist, wenn es soweit ist“, versprach Blake, „damit Sie ruhig schlafen können“.

Anna war wieder nach oben ins Foyer gegangen und stand nun am Fenster. Mit bangem Herzen beobachtete sie die Straße. Ein Auto fuhr vorbei, und es kam Anna so vor, als wäre es außergewöhnlich langsam. Wo blieben die anderen?

„Fahr langsam vorbei“, sagte Lou, „ich will erst mal sehen, ob sich etwas rührt“. Daniel ging vom Gas. Ganz langsam fuhr er an dem großen, dunklen Haus vorbei. Die Klimaanlage lief auf Volltouren. Dennoch war ihm böse warm. Eine heikle Sache war das hier. Da konnte man allerhand falsch machen. Er machte besser genau das, was Lou für richtig hielt.
Es war nicht viel zu sehen, dafür war die Mauer zu hoch. Lou hatte gerade mal kurz die Umrisse zweier Autos erkennen können, die auf dem Hof standen. An der Straße stand ein weißer Lieferwagen.
„Okay“, sagte er zu Daniel, „fahr weiter bis zum Ende der Straße und dreh um. Wir gehen rein“.
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